Archiv für die Kategorie ‘Andacht’

Ostern – ein Fest der Zuversicht

Kalendarisch liegen der Karfreitag und der Ostersonntag dicht beieinander. Der Charakter der beiden Feiertage ist jedoch extrem unterschiedlich: An Karfreitag trauern Christen um den Tod Jesu. An Ostern feiern die Kirchen seine Auferstehung. An Karfreitag wurde in vergangenen Zeiten traditionell streng gefastet, die Kerzen in den Kirchen gelöscht und Darstellungen des Auferstandenen verhüllt. Die Gläubigen wurden dazu angehalten, sich das Leiden Jesu zu vergegenwärtigen. Der Ostersonntag hingegen fand und findet angesichts der Auferstehung Jesu in einem hellen und fröhlichen Rahmen mit einem reichen kulinarischen Angebot statt.

Osternacht. © Stefanie Bernecker / fundus-medien.de

Osternacht. © Stefanie Bernecker / fundus-medien.de

Diese alte kirchliche Dramaturgie wird in einer säkularisierten Gesellschaft nicht mehr von allen verstanden. Kultur und Freizeitverhalten sind dynamisch. Von Generation zu Generation ändern sich Traditionen und Rituale. Einschränkungen zu Karfreitag wie das „Tanzverbot“ werden in der breiten Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.
Der Karfreitag ist stark in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung getreten, obwohl er zu den wichtigsten christlichen Feiertagen im Jahr zählt. Nicht nur das religiöse Wissen in unserer Gesellschaft schwindet, sondern auch die Empathie, sich in die traditionelle Dramaturgie von Karfreitag und Ostern einzufinden.

Ostern gerät in die Gefahr, immer weiter verniedlicht zu werden. Statt christlicher Überlieferung geraten Symbole wie Eier und Hase in den Fokus. Oster-Deko liegt im Trend. So muss es ein Anliegen der Christinnen und Christen in ökumenischer Übereinstimmung sein, dem Karfreitag und dem Ostersonntag in der gesellschaftlichen Wahrnehmung wieder mehr Gewicht einzuräumen.
Der Karfreitag erinnert daran, dass der Tod selbstverständlich zum Leben gehört. Der Tag zeigt Jesus in seiner ganzen Menschlichkeit: Er nimmt Hohn und Spott auf sich und leidet am Kreuz. Sein Tod hat im Verhältnis zwischen Gott und den Menschen aber eine neue Seite aufgeschlagen.
Ostern ist ein Fest der Zuversicht, denn der Tod hat nach christlicher Überzeugung nicht mehr die Macht über uns Menschen. Einer hat stellvertretend für alle den Tod überwunden. Es bleibt zudem ein Fest des Lebens, welches ein wunderbares Geschenk Gottes ist.
Die Tage zu Ostern bieten die Möglichkeit neu über Gott, Glaube und die Welt nachzudenken. Hoffnung aus dem Evangelium zu schöpfen, dass das Dunkle vom Hellen besiegt wird. Krieg, Gewalt und Terror werden nicht das letzte Wort haben. Das Grundgesetz in § 140 legt dar, dass Sonn- und Feiertage der Arbeitsruhe und „seelischen Erhebung“ dienen. Neben ein paar ruhigen Tagen bieten Karfreitag und Ostern echte „Seelennahrung“ an.

Pfarrer Dipl.-Theol. Karsten Matthis, Flammersfeld

Jahreslosung 2023: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“

Jahreslosung 2023

Jahreslosung 2023

Die Jahreslosung 2023 in Genesis 16, 13 spiegelt einen Konflikt zwischen zwei Frauen wider: Sarah, die Frau Abrahams, und Hagar, die ägyptische Magd, waren in Streit geraten. Abraham hatte sich die Sklavin Hagar zur Zweitfrau genommen, da ihm Sarah zunächst keinen Sohn gebar. Der ersehnte Stammhalter Issak kam erst später zur Welt. Zwischen den beiden Frauen entlädt sich ein schwer Konflikt, weil sich die beiden nicht gegenseitig achten und respektieren. Eifersucht prägt ihr Verhältnis. Die Haltung Abrahams ist enttäuschend: Er vermittelt nicht zwischen den Frauen und hält sich aus dem Streit heraus, vielmehr sagt er zu Sarah: Siehe deine Magd ist unter deiner Gewalt, tu mit ihr, wie es dir gefällt.

In dieser Situation entschloss sich Hagar zur Flucht, weil sie die Willkür ihrer Herrin Sarah fürchtet. Doch Gott begleitet sie auf ihrer gefährlichen Flucht. Er stellt sich an die Seite einer Frau, die von ihrer Herrin gedemütigt und herabgesetzt wird. Sklavinnen hatten einen schweren Stand in den damaligen Großfamilien und mussten um ihre Anerkennung kämpfen.

An einer Quelle mitten in der Wüste begegnet Hagar dem Engel des Herrn. Der Engel ermutigt sie zur Rückkehr in die Familie Abrahams. Ihr Sohn Ismael soll bei seinem Vater Abraham aufwachsen. Gott hat ihre Not und Verzweiflung erkannt und lässt sie durch den Engel wissen, dass ihr Sohn Ismael einmal eine wichtige Persönlichkeit werden wird. Ein „wilder Mensch“, ein streitbarer Mann, wird er sein, der mit seinen Brüdern im Lande Abrahams wohnen wird.

Hagar macht die glückliche Erfahrung, dass sie auch in der Wüste, in der lebensfeindlichen Einsamkeit, nicht allein ist. Dass Gott seine Boten, seine Engel schicken kann, um Menschen zu retten. Hagar dankt dem Gott Israels und ruft ihn bei seinem Namen an und bekennt sich zu ihm mit den Worten: Du bist ein Gott, der mich sieht. Welch ein starkes Vertrauen spricht aus diesen Worten. Hagar bekennt: Gott ist ein menschenfreundlicher Gott, der Menschen zu sich zieht und sich an ihre Seite stellt. Gott sieht Hagar in ihrer Not und lässt sie nicht im Stich.

Dass Gott uns Menschen im Blick hat, ist ein tröstlicher Gedanke. Dies ist eine Hoffnung stiftende Perspektive für unser gesamtes Leben. Gott schenkt uns vertrauensvoll Freiraum, stellt unsere Füße auf einen weiten Raum. Der Gott des Lebens wendet sich uns zu. Er sieht auf uns Menschen eben gerade dann, wenn wir vermuten, dass uns niemand beisteht. Er schaut liebevoll auf uns und begleitet uns. Gott ist ein Freund des Lebens!

Amen.

Pfarrer Karsten Matthis