„Gott selbst wird es zum Guten fügen!“

Dass man es sich nach 38 Jahren segensreicher Arbeit als Gemeindepfarrer im Ruhestand durchaus gut gehen lassen darf, hatten die Kinder der Evangelischen KITA aus Kirchen und Wehbach durchaus im Blick: „Jetzt kannst Du Jäger werden, `ne Eisenbahn fernsteuern und Dir Süßigkeiten selber machen, oder ganz allein in die Freiheit gehen…!“ War auch Corona-bedingt nur ein kleiner „großer“ Abschied möglich, so hatten die Kirchengemeinde Kirchen und ihre Mitarbeitenden, Gruppen, Chöre und Einrichtungen doch alles gegeben, um ihrem langjährigen Gemeindepfarrer Eckhard Dierig doch einen festlichen Abschied mit viel Dank und Anrührendem zu bieten. So kamen im Abschiedsgottesdienst in der Lutherkirche (er wurde parallel auch gestreamt für die Vielen, die nicht direkt dabei sein konnten) der reizende Gemeindenachwuchs per Video zu Wort und konnte fröhlich Erinnerungen, Lebensperspektiven und Dankesworte (auch musikalisch) übermitteln.

Mit einer theologisch-literarischen Predigt trat Eckhard Dierig, dienstältester Pfarrer im Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen, zum letzten Mal offiziell auf die Kanzel. Der vorgegebene Predigttext aus der Geschichte von Josef und seinen Brüdern lieferte Dierig die Impulse rund um „Abschied und Veränderungen“ und dies traditionell mit „drei Gedanken“.

„Veränderungen ja – Ängste nein!“

„Auch die Gemeinde Kirchen steht vor großen Veränderungen, die Angst machen könnten“, betonte Dierig angesichts von Pfarrstellenwechsel und der anstehenden Verschmelzung der Gemeinde mit den Nachbarn aus Freusburg (die Fusion zum 1.1.2022 ist „eingetütet“): „Aber die Gemeinde wird lebendig bleiben! Gott selbst wird es zum Guten fügen!“
Für seinen Abschiedsgottesdienst in der Lutherkirche – hier hat Dierig fast zwei Generationen von Gemeindegliedern in Freud und Leid begleitet und war 1986 vom damaligen Präses Manfred Kock eingeführt worden – hatte sich der künftige Pensionär viele musikalische Wünsche erfüllen lassen, die in die Liturgie und Predigt die wohl gewählten Worte unterstrichen. Chorleiterin und Organistin Karin Endrigkeit, Posaunist Matthias Nassauer und Vokalistin Petra Schmidt gaben, anstelle des noch nicht möglichen Gemeindegesangs, alten und neuen Chorälen in vokaler und instrumentaler Weise besonderen Klang.
Superintendentin Andrea Aufderheide nahm die offizielle Entpflichtung des engagierten Pfarrkollegens vor und erinnerte an die vielen besonderen Gaben und Dienste des Kircheners, der auch für eine Wahlperiode als Superintendent des Kirchenkreises Altenkirchen wirkte.

Superintendentin Andrea Aufderheide nahm die offizielle Entpflichtung von Eckhard Dierig vor. Segensworte galten dem scheidenden Gemeindepfarrer und seiner Frau Carola. (Bildschirmfoto)

Eindrucksvolle Vielfalt eines Pfarrerlebens

Die Vielfalt eines Pfarrerlebens (so lange wie Eckhard Dierig hatte nie zuvor ein Pfarrer in der Gemeinde an der Sieg gewirkt) offenbarte sich auch beim sich dem Gottesdienst anschließenden Open-Air-Empfang am Wehbacher Bürgerhaus. Hier kamen stellvertretend für viele Weggefährten Menschen aus Gemeinde, Kirchenkreis, der Ökumene, dem Kommunalwesen und auch der Partnerschaft zusammen. Mit dankbaren Worten und phantasievollen Geschenken wurde der Abschied von Eckhard Dierig, der nun gen Norden ziehen wird, begleitet. Der frischgewählte Bürgermeister Andreas Hundhausen, die Pfarrkollegen aus dem Nord-Ost-Konvent, Superintendentin Andrea Aufderheide, der stellvertretende Presbyteriumsvorsitzende Michael Lanfer, die Kollegen aus der katholischen und freien Kirchengemeinde, Karl-Heinz Stühn für die evangelische Sängerschar (eine kleine Schar brachte auch ein Ständchen), das KITA-Team, der Betzdorfer Kollege und künftige Vakanzverwalter Pfarrer Heinz-Günther Brinken, aber auch die aus dem fernen Brandenburg angereisten langjährigen Freunde aus Kirchens Partnergemeinde Grüneberg-Teschendorf (Kirchenkreis Oberes Havelland): sie alle ließen die Nuancen eines reichen Pfarrerlebens aus ihrer Perspektive Revue passieren. Sie bauten daraus ein buntes Gesamtbild, das von einem sichtlich gerührten Eckhard Dierig in wenigen Worten und dafür stark musikalisch erwidert wurde: „Es war schön, einfach schön, endgültig vorbei, aber schön. Winde drehen, Menschen gehen; was war, kann uns keiner mehr nehmen. Denk an unsre Zeit, sie war schön!“ ließ er die Puhdys für sich singen/sprechen.

Hinter allem stecken ein Team und die Familie

Dass ein solch vielfältiger und engagierter Pfarrdienst nur leistbar ist mit einem starken Team, aber vor allem auch mit dem entsprechenden familiären Rückhalt, unterstrich Eckhard Dierig. Auch in den Dankesworten der Gäste fanden Ehefrau Carola und die Kinder ihre entsprechende Würdigung für den tragenden „Mit-Dienst“.

„Ich war in dieser Gemeinde alles: Schaf und Engel, durfte Irrtümer bezüglich des überschaubaren Dienstes eines Pfarrers, der ja nur sonntags arbeiten muss, schon in Kindertagen aufklären, mit Freunden aus der Partnerschaft mit Muku und der ehemaligen DDR aufwachsen und oft Zufallsgästen an Haustür und am Weihnachtstag erleben…“ Unter „uns Pastorentöchter“ plauderte Laura Dierig als jüngste der Pfarrerskinder – getauft, konfirmiert und „aufgewachsen“ in der Lutherkirche – die         Besonderheiten einer Kindheit in einem Evangelischen Pfarrhaus aus. Ihre charmant-humorvolle Blickweise trieb bei Vielen das berühmte „Abschiedstränchen“ ins Auge und auch Pfarrerin Sabine Keim, die jüngst gewählte Nachfolgerin Eckhard Dierigs, die im Herbst an die Sieg kommen wird, bekam eindrucksvoll vorgestellt, dass der nun scheidende Gemeindepfarrer tiefe Spuren hinterlassen hat. Auch für sie gilt, was Laura Dierig zu Weihnachten 2021 denkt: „Es wird ein anderes Weihnachtsfest als in vielen Jahren zuvor werden…“ Für Familie Dierig ohne klar strukturierten Predigtplan und Krippenspiel, für Pfarrerin Keim zum ersten Mal auf der Kanzel der Lutherkirche. PES.

Besonders eng war der scheidende Kirchener Gemeindepfarrer Eckhard Dierig (rechts) mit seinen Kollegen aus dem Nord-Ost-Konvent verbunden. (v.l.): das Betzdorfer Pfarrerteam Heinz-Günther Brinken und Anja Karthäuser, Pfarrerin Jutta Braun-Meinecke (KH-Kirchen), Pfarrer Marcus Tesch (Wissen) und Pfarrerin Almuth Germann (Freusburg). Gemeinsam ging man stets das „Evangelische Leben an der Sieg“ an und unterstützte sich kollegial und freundschaftlich. Entsprechend waren Dankesworte und Abschiedsgeschenke. Alle Fotos: Petra Stroh

 

 

 

Bild links: Vier Gäste aus Kirchens Partnergemeinde Grüneberg-Teschendorf (Brandenburg), darunter Dierigs ehemaliger Amtskollege, Pfarrer Gerhard Gabriel (vorne) waren über 600 Kilometer angereist und hatten neben vielen guten Wünsche auch viele dankbare Worte für die gute Partnerschaftsbeziehung zwischen den beiden Gemeinden mitgebracht. Besonderer Dank galt Dierig, der die unter Pfarrer Unkrig gestartete Partnerschaft nicht nur übernommen, sondern auch mit ganz viel persönlichem Engagement ausgefüllt hat.

Bild rechts: Auch der vor wenigen Tagen neu gewählte Kirchener Bürgermeister Andreas Hundhausen war im Gottesdienst und beim Festakt in Wehbach dabei. Er hatte zur Erinnerung an die „Perle an der Sieg“ etwas Schmackhaftes mitgebracht.

Michael Lanfer, stv. Vorsitzender des Presbyteriums führte die Gästeschar durch den Open-Air-Empfang und überreichte – wie andere Gäste auch, die sich über die Zukunftsperspektive der Familie Dierig : Leben auf dem Lande im Norden Deutschlands -, etwas Praktisches für die Arbeit auf dem „Gutshof“. Annette Uebach 

 Unter der Pandemie-Lage leiden auch insbesondere die Sängerinnen und Sänger. Monatelang gab es keinerlei Möglichkeit des gemeinsamen Singens. Auch für Eckhard und Carola Dierig und „ihren“ Chor in Kirchen traf das zu. Froh war man, dass die derzeit gelockerten Bedingungen zumindest eine Probe im Freien möglich macht und damit zumindest ein Abschiedslied von Einigen vorgetragen werden konnte. Chorleiterin Karin Endrigkeit hatte dazu  mit „Möge die Straßen…“ ein Segenslied gewählt.

 

(Foto links): Vakanzverwalter Pfarrer Heinz-Günther Brinken wird die Gemeinde in den kommenden Monaten gemeinsam mit dem Presbyterium leiten und in die weitere Zusammenarbeit mit Freusburg führen. Pfarrer Brinken hatte unter anderem für Familie Dierig ein „goldenes Buch“ mit Erinnerungen an Kirchener Eisenbahnbesonderheiten.
(Foto rechts): Vom Kreissynodalvorstand überbrachten  (v.l.) Kurt Höblich, Ute König und Superintendentin Andrea Aufderheide die Dankesworte des Kirchenkreises. Auch hier war Eckhard Dierig über Jahrzehnte aktiv. U.a. als Mitglied des Kreissynodalvorstandes und von 2000-2008 als dessen Superintendent.

Manch schönen „Schnappschuss“ hatte das KITA-Team in den vielen Amtsjahren des Gemeindepfarrers gesammelt und stellte diese nun zum Abschied in einem Mobile zusammen. Große Freude bei Eckhard Dierig, der selbst das Kirchenkreis- und Gemeindeleben als Hobbyfotograf bereicherte…

Mit dem Abschied von Pfarrer Eckhard Dierig nach 28 Dienstjahren in Kirchen ist auch ein Neuanfang verknüpft. Pfarrerin Sabine Keim (am 6. Juni gewählt/rechts) wird ab Herbst die Gemeinde leiten und dann auch ab Januar 2022 – nach der Fusion mit der Kirchengemeinde Freusburg – die neue Kirchengemeinde Kirchen-Freusburg. Beim Abschiedsfest für Eckhard Dierig am Bürgerhaus Wehbach wurde auch seiner Nachfolgerin deutlich vor Augen geführt, was der künftige Pensionär an tiefen Spuren in der Gemeinde hinterlassen hat.

 

Der Gottesdienst zum Abschied im Livestream: HIER

Mehr zu Dienstzeit Eckhard Dierigs: HIER