Erinnern mit Mahnwache, Musik und Lesung

Altenkirchener Veranstaltungen zum 9. November

Auch in diesem Jahr wird es wieder ein Erinnern an die Pogromnacht von 1938 geben, allerdings umfassender als in den Vorjahren. Darauf weist der Arbeitskreis Mahnwache Altenkirchen hin, der drei Veranstaltungen geplant hat. Für das traditionelle, etwa 20-minütige schweigende Gedenken an das dunkle Datum des 9. November hofft der Arbeitskreis auf eine ebenso zahlreiche Teilnahme wie in den Vorjahren und sieht darin auch ein mahnendes Zeichen gegen Faschismus und Rassenwahn. Es beginnt um 17 Uhr. Auf die Mahnwache auf dem Platz der ehemaligen Synagoge in der Frankfurter Straße am Samstag folgen am Sonntag und Dienstag zwei weitere kulturelle Gedenkimpulse.

Klezmer- und Roma-Musik für ein „Nie wieder“
Das Konzertkirche-Team freut sich, die Formation SAITENSPRUNG für ein Konzert am Sonntag um 19 Uhr in der Evangelischen Christuskirche gewonnen zu haben. Mit ihren Musiken aus dem jiddischen Schtetl und vom Balkan vergegenwärtigen die sechs Ensemble-Mitglieder aus Windeck, Waldbröl und Berlin ein Erbe, das von Nazi-Deutschland mit ausgerottet werden sollte.

Seit bereits 25 Jahren teilen sie ihre Leidenschaft für Klezmer, Balkan- und Roma-Musik. Sie haben diese kulturellen Schätze für sich entdeckt und arrangiert; und nun musizieren sie so gegen das Vergessen. Mit ergreifend schwermütigen und durchaus auch lebenslustigen Liedern der Ostjuden und der Roma sowie einigen Instrumentalklassikern nimmt die Gruppe das Auditorium mit auf eine musikalische Reise in andere Zeiten und Regionen Europas. Es musizieren Ralf Merian (Gesang, Perkussion), Corinna Schenker (Klarinette), Jakobus Bönisch (Geige, Mandoline), Martin Schulte (Akkordeon, Perkussion), Niko Bönisch (Gitarre, Bouzuki) und Ute Krämer-Bönisch (Kontrabass, Gesang).

Auch mit diesem Konzert ab 19 Uhr wünschen sich die Veranstalter eine emotionale Vergegenwärtigung des „Nie wieder“-Versprechens. Sie begreifen ihren Autritt durchaus als einen Impuls gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Aus der Heimat in Hadamars Gaskammer
Am Dienstag, den 12. November, um 19 Uhr schließt sich eine Lesung im Theodor-Maas-Haus an, bei der die NS-Vernichtung am Schicksal eines Menschen auch geografisch ganz nahe rückt: Heiner Feldhoff wird aus seinem Buch „Pauline Leicher oder Die Vernichtung des Lebens“ lesen. Am Klavier begleitet ihn dabei Aljoschka Dippold.

Feldhoff, der als Schriftsteller in Oberdreis lebt, erinnert mit seinem Buch an eine geistig behinderte, 1904 geborene Frau aus Lautzert, die Opfer der NS-Euthanasie wurde. Als »unwertes Leben« wurde sie 1941 in der Gaskammer von Hadamar ermordet. Trotz fehlender Quellen und Dokumente – es existiert keine einzige Fotografie von ihr – hat Heiner Feldhoff wesentliche Ereignisse aus ihrem Leben zusammentragen können. Allein die Mühen dieser Recherche machen deutlich, wie sehr Verdrängung und Tabuisierung das Gedenken an die Opfer der NS-Euthanasie bis heute erschweren. Mit diesem sehr persönlichen Appell gegen das Vergessen und einem ganz eigenen Aufruf zur Wachsamkeit, auch im Westerwald, endet die Veranstaltungsreihe.

Text: Evangelische Kirchengemeinde Altenkirchen