Weihnachten 2017
„Jo, ist denn heute schon Weihnachten?“ Gefühlt kommt Weihnachten ja immer so überraschend schnell und früh, aber in diesem Jahr „rauschte“ die Adventszeit auch rechnerisch ziemlich schnell vorbei. Da in diesem Jahr der Heilige Abend und der vierte Advent auf einen Sonntag fallen, dauert die Adventszeit nur 22 Tage – in 2016 waren es ganze 28 Tage – und damit ist in diesem Jahr eine der kürzestmöglichen Adventszeiten. Eine Adventswoche fehlte spürbar. Und viele, die mit den kirchlichen Gepflogenheiten und historischen Hintergründen nicht so vertraut sind, kamen mit der Einfachrechnung „Der Advent dauert vier Wochen“ ins Schleudern und hatten ihre Aktionen plötzlich schon vor dem Ewigkeitssonntag im Programm. Außergewöhnliches in diesem Jahr auch bei den gewöhnlichen Adventskalendern: die beiden ersten Türchen mussten/durften schon vor dem Entzünden des ersten Kerzchens am Kranz geöffnet werden.
Vierte Kerze am Adventskranz oder gleich Weihnachtsbaum? Die Konstellation, dass Heiligabend in diesem Jahr auf den vierten Adventssonntag fällt, sorgte für die kürzestmöglichste Adventszeit und Terminballungen. Alle, Kerzen und Baum, machen aber nun den Blick frei auf das „wahre Licht der Weihnacht“. Foto: Petra Stroh
„Es war schon alles ziemlich geballt“ bilanzieren viele Pfarrerinnen und Pfarrer aus den evangelischen Gemeinden im Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen die abgelaufene Adventszeit. Flexibilität war allerorten angesagt.
Proben für Krippenspiele begannen gefühlt im Spätsommer und da, wo die unterschiedlichen Herbstferien von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eine Rolle spielten, wurde es zusätzlich eng. Bei liebgewonnenen Ritualen – etwa bei der besonderen (musikalischen) Ausgestaltung der Adventssonntage – jonglierte man bei der Terminplanung oder übte schweren Herzens Verzicht.
Heiß diskutiert wurde in vielen Internetforen. Darf das denn sein? Vierter Advent und Weihnachten auf einem Tag?
„Hier wird es deutlich, Heiligabend ist nicht Weihnachten, Weihnachten ist am 25. Dezember“, erläutert Superintendentin Andrea Aufderheide. Die Theologin, die auch als Berufsschulpfarrerin arbeitet „stolpert“ häufig über die Vermischung von Heiligabend und Weihnachten.
„In der evangelischen Kirche, ebenso in der römisch-katholischen Kirche, beginnt mit dem ersten Adventssonntag das neue Kirchenjahr und damit auch die Adventszeit. Rechnerisch ermittelt man es durch ‚Zurückrechnen’: die Adventszeit beginnt immer am 4. Sonntag vor dem Weihnachtsfest am 25. Dezember!“
„Da nach dem althergebrachten christlichen Kalender ein Tag mit dem Sonnenuntergang endet, gehört zwar der Abend des 24. Dezember (Heiligabend) liturgisch bereits zum Weihnachtstag, der Heiligabend-Tag selbst ist aber ein ganz normaler Tag“, fasst die Theologin die kirchliche Zählweise zusammen..
„Es passt also. Wenn Weihnachten (25. Dezember) auf einen Montag fällt wie in diesem Jahr, fallen auch mit dem Sonntag, 24. Dezember vier Sonntage in die Adventszeit!“
In vielen Jahren ist der 24. Dezember ein ganz normaler Arbeitstag, der, so die Erfahrungen, vor allem für Menschen, die im Handel oder im Lieferbereich arbeiten, ein besonders anstrengender Tag ist.
Die Superintendentin, die als Kirchenleitungsmitglied auch die Diskussionen in den umliegenden Bundesländern beobachtet, bedauert, dass in diesem Jahr einige Handelsunternehmen die „Sonntagsruhe“ des vierten Advents am 24. Dezember nicht akzeptieren wollen. „Meine Hochachtung gilt all denen, die Einhalt geboten haben und ihre Läden geschlossen halten!“
Da es auf die Konstellation der Schaltjahre ankommt, wie häufig Heiligabend auf einen Sonntag fällt, liegt der letzte Sonntags-Heiligabend schon mehr als zehn Jahre zurück: 2006 war es zuletzt der Fall, das nächste Mal wird es 2023 und 2028 sein. In den kommenden fünf Jahren wird es die Kombination des Heiligabend-Sonntags mit seinen Herausforderungen also nicht mehr geben.
Nicht alles, was mancherorts an einem „normalen vierten Advent“ in den Kirchengemeinden stattfindet kann bei der diesjährigen Kurz-Advents-Phase umgesetzt werden.
Traditionelle Chor–Angebote an bestimmten Adventssonntagen wurden in der Regel auf die anderen Sonntage verschoben und neu kombiniert. Manch Liebgewonnenes kann in diesem Jahr nur in einer kleineren Version laufen. „Die schöne Zeit der Adventsvorbereitungen ist in diesem Jahr leider so kurz“, bedauert die Flammersfelder Gemeindepfarrerin Silvia Schaake. So beschränkt sich in ihrer Gemeinde die alljährliche Aktion der sonntäglichen „Adventsfenster“, die insbesondere den Kindern viel Freude bereiten, in diesem Jahr auf drei Angebote.
„Es ist immer wieder schön mitzuerleben, wie sich über die Wochen die Adventsfreude aufbaut. Viele Menschen wirken dabei mit“. So etwa ein Förster, der den interessierten Kleinen anhand eines winterlich gestalteten Fensters viel zu erzählen hat über Tiere und wie sie die kalte Jahreszeit bewältigen. „Geschichten-Erzählen“ übt nicht nur in der Vorweihnachtszeit für viele Menschen und gerade auch auf Kinder einen ganz besonderen Reiz aus,
Auch eine langjährige ökumenische Tradition in Wissen, die sich ebenfalls auf besondere „Adventsfenster“ bezieht, lief in diesem Jahr in der Kurzform ab. Der Termin, sich an einem Adventssonntag in ökumenischer Verbundenheit um 18 Uhr zu treffen, kann diesmal am vierten Advent nicht gelingen. Zu dieser Zeit laufen allerorten schon die Heiligabend-Gottesdienste. „Schön, dass wir in den kommenden Jahren dieses schöne ökumenische Miteinander wieder pflegen können“, freut sich Gemeindepfarrer Marcus Tesch einfach schon mal auf Kommendes.
Eng im wahrsten Sinne des Wortes wird es bei der Konstellation Vierter Advent/Heiligabend auch schon mal ganz praktisch in einigen Kirchenräumen: So mancher Adventskranz mit leuchtendem vierten Kerzchen verliert in diesem Jahr seinen angestammten Platz an herausragender Stelle und muss für Weihnachtsbäume, Krippen, Chöre und aufwändige Krippenspiel-Szenarien weichen. „Entscheidend bleibt aber, dass der Blick auf das wahre Licht von Weihnachten frei bleibt“, hofft Superintendentin Andrea Aufderheide. PES.