Se lobden Gott een höxden Tönen

Ed begoff sech awer zu der Zett, dat en Gesetz vom Kaiser Augustus kom, dat die ganze Welt gezallt wur.

Dad woe ded ieschde mo dad suewad gemachd wue, und woe än däe Zeid, wie do Cyrenius Landflejo än Syrien woe.

Su moren sesch de Löj alsu obb – alles wôr ob d`n Schinnen – ömm sesch enn sengem Ôord, dô wo mö wahnde, obbschreijwen zö lôßen…

 

Ja, so beginnt die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium. Aber klingt sie wirklich so? Oder doch irgendwie anders?

Im Kreis Altenkirchen könnte sie so klingen, oder ähnlich oder doch wieder anders… Die drei Anfangszeilen sind nämlich auch schon ein Sprachgemisch: Der erste Satz ist „opp Birmischer Plad“, der zweite Satz „off Doarer“ und der dritte schließlich „obb Wesser Plaad“.

Wenn es rund um Weihnachten äußerlich, aber auch innerlich „heimelig“ wird, taucht eine Vielfalt von „Heimeligkeits-Phänomenen“ auf: altbekannte Weihnachtslieder erreichen schmeichelnd selbst das Ohr von Hardrock-Fans , fett- und zuckertriefende Plätzchen nach Familienrezept schmecken sogar den Diätenden, und so manches traditionsimmune Pubertier besteht überraschend auf vergangen geglaubten Ritualen oder fordert vehement kitschigen Baumbehang ein.

Weihnachten weckt auch heimatliche Gefühle. Besonders deutlich wurde es in „unserem“ evangelischen Adventskalender: 2019 haben alle 20 evangelischen Landeskirchen gemeinsam einen Video-Adventskalender gestaltet mit jeweils einem Filmbeitrag zum Thema „Heimat“. Und egal aus welcher Region: immer wieder klang durch, dass Heimat ganz viel mit Vertrauten und Vertrautem zu tun hat.

„Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache. Sie bestimmt die Sehnsucht danach, und die Entfernung vom Heimischen geht immer durch die Sprache am schnellsten“, schrieb im Sommer 1827 Wilhelm von Humboldt einer Freundin.

 Daher scheint denn auch das heimelige Weihnachtsgefühl gut zur heimatlichen Sprache zu passen, weshalb in den evangelischen Gemeinden des Kirchenkreises die Weihnachtsgeschichte immer öfter mal in der vor Ort gewohnten Mundart ertönt. Entweder haben heimatliche Sprachbewahrer den Text vorbereitet, oder man wagte sich selbst an Übersetzungen.

Gemeindepfarrer Joachim Triebel-Kulpe erinnert sich noch gut daran, als Heimatdichter Walter Ochsenbrücher aus Heupelzen im Heiligabendgottesdienst in der Almersbacher Kirche „auf Platt“ den Lukastext vortrug: „Es war sehr anrührend!“ Selbst für Triebel-Kulpe, der aus dem „Pott“ stammt, war das Verstehen kein Problem. Die altbekannten Worte mit heimischem Zungenschlag zu hören, traf die Menschen ins Herz. Schmunzelnd erinnert sich der Pfarrer an seine Anfangsjahre in der Kirchengemeinde Almersbach. „Kam ich in eine Gesprächsrunde, schalteten die Einheimischen für ihren Pfarrer schnell auf „Hochdeutsch“ um. Das hat sich mittlerweile erübrigt. Das meiste kann ich jetzt auch im Dialekt verstehen.“

„Reden in Mundart geht ja wunderbar, aber es war schwer aufzuschreiben!“  Für Erhard Schumacher, gebürtiger Birnbacher und langjähriger Bläser und Küster in der Kirchengemeinde, war es ein kleiner Kraftakt, die Weihnachtsgeschichte, die er im Heiligabendgottesdienst „opp Birmischer Platt“ zwar problemlos sprechen konnte, auf Papier festzuhalten. „Aber schön, dass man so den Text den nachfolgenden Generationen weitergeben kann!“

Die Weihnachtsgeschichte opp Birmischer Plad zum Nachlesen

 

Katholische Unterstützung für die Kirchengemeinde Wissen

Der Wissener Gemeindepfarrer Marcus Tesch, der aus einem anderen Sprachraum stammt, freute sich daher sehr, dass sich in diesem Jahr in Wissen mit Bruno Wagner ein katholischer Mitchrist bereitfand und eine „Übersetzung“ des bekannten Weihnachtsevangeliums „obb Wesser Platt“ schuf. Diesen neuen Text haben die Evangelischen in der aktuellen Ausgabe des Gemeindebriefes abgedruckt und sind nun gespannt, ob sich vielleicht jemand findet, der die Weihnachtsbotschaft mit dem „Wesser Zungenschlag“ in der Kirche vortragen mag.

Die Weihnachtsgeschichte „obb Wesser Pladd“ zum Nachlesen

Schon 2003 entstand „Lukas off Doarer“

Schon vor Jahrzehnten hat der damalige Daadener Schulleiter Werner Knautz in einem Gottesdienst in der Barockkirche den Weihnachtstext in der Sprache des Daadener Landes vorgetragen. Das kam so gut an, dass daraus 2003, im „Jahr der Bibel“, die Idee geboren wurde, weitere Texte aus dem Lukasevangelium in die heimatliche Mundart zu übertragen. Unter redaktioneller Leitung von Pfarrer Hansjörg Weber entstand das Heft „Lukas Off Doarer“ – nebst Audio-CD.

Gertrud Schmidt, Anneliese Heß und Werner Knautz verschriftlichten damals 31 Abschnitte aus dem Lukas-Evangelium und sprachen sie auch für die CD ein.

„Zwar wird „Doarer Platt“ immer weniger gesprochen, doch für viele Menschen im Daadener Land ist die eigene Sprache – immer noch und immer wieder- Heimat und wird im Alltag benutzt“, heißt es im Vorwort zu „Lukas off Doarer“. Natürlich werde in Derschen anders gesprochen als in Biersdorf und in Niederdreisbach, und wieder anders als in Daaden oder Friedewald, aber die Sprachgrenzen seien fließend, und mit den drei SprecherInnen habe man auch die Vielfalt zumindest in Teilen festgehalten.

Illustriert wurde das Heft – es hat eine Auflage von 1000 Stück – ganz liebevoll von den Kindern aus den beiden kirchlichen Kindergärten und aus zwei Klassen der Daadener Grundschule mit insgesamt 28 Zeichnungen. Noch heute schenken die biblischen Worte mit dem heimischen Klang viel Freude.

Schon 2003 im „Jahr der Bibel“ wollten die Daadener das Evangelium in ihrer Mundart festhalten und für nachfolgende Generationen festhalten. So entstand das Büchlein „Lukas off Doarer“ nebst Audio-CD. Pfarrer Hansjörg Weber (rechts vorne) führte das Werk zusammen. Kindergarten- und Schulkinder illustrierten die 31 Abschnitte aus dem Lukas-Evangelium.  Archivfoto

 

Die Weihnachtsgeschichte „off Doarer“ zum Nachlesen

 

    So stellt sich Jesu Geburt in den Augen eines Kindes dar: Die kleine Svenja aus dem Evangelischen Kindergarten in Daaden hat 2003 das Bild zur Weihnachtsgeschichte in dem Mundart-Werk „Lukas off Doarer“ gemalt.

 

Gottesdienst-Musik in heimischer Sprache

„Leider stirbt unser Platt immer mehr aus“, bedauert Prädikant Ulrich Hees aus Friedewald. Dass Verkündigung im Heimatdialekt besonders nahe geht, ist für ihn klar und berührend, und er ist darum ganz besonders dankbar, dass auch die Jüngeren Herz, Blick und Ohr dafür haben. Sein „Heimatsprachen-Erlebnis 2019“ hatte er in einem „Feuer&Flamme-Gottesdienst“ in Friedewald, als die Musiker von „Hope 5015“ ihre Gedanken „Wesst ihr wat?“ musikalisch dem „heimischen Slang“ anpassten.

„Et wär alt vill gewonn, wenn mir nur die ee Sache dän; dat mir die anneren su nöhmen wie se sein. Et wär alt vill gewonn, wenn mir of Jesu Worte hürn, un versüchten oos ze verstohn…“ heißt der Refrain von Bandmitglied Hendrick Stühn.

Und ist das nicht die Botschaft? Texte und Menschen verstehen gelingt mit den Ohren und dem Herzen:

 

„Wie se dat gesehen han, verzollen se üwerall, wat zo en jesorgt war, von dem Wort und dem Kend.

Se moren sesch off ihren Heemwää onn wörn oußer sesch für lourer Freude, sie lobden Gott een höxden Tönen für all dad, wadd se jehüürd onn jeseh’n hadden.

Ded Maria schloss jedes einzelne Woed a sej Herz und moch sich Gedange üwo dad, warred gehüed hadde.“

 

 

Dass diese Weihnachtsbotschaft die Herzen der Menschen erreicht, ihre Worte,  egal ob im heimatlichen Dialekt oder im Hochdeutschen, nicht erschlagen werden von dem lauten Konsumgetöse ringsum, hoffen die kirchlichen Akteure und wünschen „Gesegnete Weihnachten oder „goade Chressdach!“ PES.