NB Konzert
Seit Januar ist Johann-Ardin Lilienthal neuer Kantor des Kirchenkreises. In der Betzdorfer Kreuzkirche gab der junge Musiker sein offizielles Antrittskonzert. Den Orgelzyklus „Das Labyrinth der Welt und das Paradies der Herzen“ des tschechischen Komponisten Petr Eben (1929-2007) interpretierte er dazu an der Orgel, Superintendentin Andrea Aufderheide hatte die Sprach-Passagen des ausdruckreichen Werkes übernommen. Foto: Petra Stroh
Blick hinter Masken
und Heimkehr zu Gott
Eindrucksvolles Antrittskonzert des neuen Kreiskantors in Betzdorf
„Ihr lieben Christen, freut Euch nun“ – unter diesem Titel ist eine Choralmelodie als Adventslied im Evangelischen Gesangbuch bekannt, und genau diese Melodie musste Johann-Ardin Lilienthal am Ende des Vorjahres bei seiner Bewerbung als neuen Kreiskantor des Kirchenkreises vor dem Auswahlgremium präsentieren. Nun ließ der 28jährige Musiker die Melodie erneut ertönen: Mittlerweile als gewählter Kreiskantor und die Melodie als ein bestimmendes Element eines besonderen Orgelkonzert in der Betzdorfer Kreuzkirche.
„Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens“, den Orgelzyklus von Petr Eben nach dem gleichnamigen Buch von Johann Amos Comenius (1592-1670) hatte sich Lilienthal als Inhalt seines offiziellen Antrittskonzertes im Kirchenkreis gewählt und beschenkte mit seinem Können an der aufwändig restaurierten Orgel der Kreuzkirche ein leider zu kleines, aber begeistertes Publikum.
In dem Werk des tschechischen Komponisten, der in diesem Jahr seinen zehnten Todestag hat, wurden die beiden Teile des literarischen Werkes – zunächst der Gang des Helden der Geschichte durch eine Welt voller Wirrungen und Irrungen, durch Not, Unsicherheiten, Lug und Trug, zerrissene Masken und erschütternde Eitelkeiten und im zweiten Teil sein Ankommen bei Gott – in variantenreichen und teilweise klangmächtigen Tongebilden brillant umgesetzt. In Prolog und Epilog des Werkes sind Choralmelodien („Von Gott will ich nicht lassen“ und das „Ihr lieben Christen…“) eingebettet, die in den dazwischen liegenden „Stationen“ der Lebensreise immer wieder variert auftauchen, mal dominierend, mal lieblich und in zartem Schweben, dann wieder zerrissen und nur angedeutet erkennbar.
Lilienthal ließ mit großer Fingerfertigkeit die „süßen Ketten der Liebe“ säuseln und rasseln, „Pfeile des Todes“ fliegen und pfeifen, das „Rad der Frau Fortuna“ rattern, „Entsetzen und Ohnmacht“ in dunklen und schrillen Tönen nahen und schließlich die „Heimkehr zu Gott“ an- und berührend durch das Kirchenschiff gleiten.
Das Thema des Romans von Comenius ist die Suche nach dem, was der tiefere Sinn menschlichen Daseins ist, seiner Arbeit und Mühe. Es besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wandert der Autor durch die Welt und merkt, dass alles vergeblich und ohne einen wirklichen Sinn ist. Im zweiten Teil findet er einen Ausweg, indem er sich seinem eigenen Herzen zuwendet, wo er Gott findet. In einer engen, intimen Beziehung zu Gott findet er den Frieden und eine Antwort auf seine Suche.
Petr Eben hat 2002 die Gedanken des Romans musikalisch umgesetzt.
„Die Idee, über eine komplette Geschichte zu improvisieren und diese Improvisation in einer Komposition festzuhalten, hat mir sehr imponiert“, schildert Johann-Ardin Lilienthal, der das Werk erstmals als Kirchenmusik-Student in Detmold kennenlernte. „Ich war so beeindruckt, dass ich gleich eine Improvisation über die ‚Christopherus-Geschichte’ wagte und in ein Konzertprogramm aufnahm. In der Kirche ‚St. Peter und Paul’ zu Heiden, in der ich damals als C-Kirchenmusiker wirkte, war gerade eine Wandmalerei des Heiligen Christopherus frisch restauriert worden“. „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens“ hatte Kreiskantor Lilienthal speziell für dieses Konzert neu einstudiert.
Doch nicht nur Lilienthals Orgelkünste brachten das „Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens“ dem Betzdorfer Publikum nahe. Die zwischen den reinen Orgelstücken Prolog und Epilog passierten Stationen wurden mit bildreichen Texten, von Superintendentin Andrea Aufderheide als versierte Sprecherin ausdrucksvoll eingebracht, zum kompletten Gesamtwerk.
Viel Beifall gab es für ein außergewöhnliches Konzert, das Kopf und Herz gleichermaßen berührte.
Ute König dankte namens der Kirchengemeinde Betzdorf den beiden Mitwirkenden herzlich für das Konzert-Geschenk. Sie freute sich, dass man Betzdorf mit seiner aufwändig restaurierten Orgel als Ort des Antrittskonzertes
gewählt hatte.
Superintendentin Aufderheide hieß den neuen Kreiskantor noch einmal offiziell in seinem neuen Amt willkommen. Lilienthal habe schon in jungen Jahren seine Freude an der Kirchenmusik entdeckt und entwickelt und daraus eine Profession gemacht, in der er so vielfältig seine Freude an der Musik weiterschenke. Mit eigenen Konzerten, aber auch im „Einklang“ mit den vielen musikalisch engagierten Menschen in den Gemeinden und im Kirchenkreis mit denen er zusammen arbeite.
Zwei Buchgeschenke, darunter das „rheinische“ Gesangbuch überreichte sie mit besten Wünschen für dessen Wirken im Kirchenkreis. PES.
Johann-Ardin Lilienthal wurde 1989 im lippischen Lemgo als Sohn eines iranischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren, wuchs in Barntrup (Lippe) auf und begann dort schon früh mit kirchenmusikalischen Aktivitäten. Als Orgelspieler startete er bereits während seiner Schulzeit. Nach seinen Abitur in Barntrup absolvierte er sein Studium „Bachelor of Music/Evangelische Kirchenmusik“ in Detmold und Köln und schloss verschiedene Aufbaustudien an, u.a. als Diplom-Musiklehrer und ein Kirchenmusikstudium mit A-Examen im bayerischen Bayreuth.
Singen und Chorarbeit sind neben dem Orgelspiel seine „Leidenschaften“: Johann-Ardin Lilienthal leitete verschiedene Chöre und Vokal-Ensembles und hat sich auch als Counter-Tenor einen Namen gemacht.
Das Amt des Kreiskantors im Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen ist mit einem Stellenanteil als Kirchenmusiker in der Kirchengemeinde Altenkirchen verknüpft, wo er auch die Kantorei leitet.