Landessynode 2012

„Kirchenkreis und Gemeinden sind gut aufgestellt“

Die rheinische Kirche setzt auch in Zukunft auf einen Personalmix

Landessynodale 2012

Noch einmal in dieser Zusammensetzung (im Juni gibt es Neuwahlen), brachten sich die Abgeordneten aus dem Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen in die sechstägige Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland, die traditionell in Bad Neuenahr tagt, ein. Pfarrer Marcus Tesch (Wissen), Kurt Höblich (Wissen), Superintendentin Andrea Aufderheide, Pfarrerin Silvia Schaake (Flammersfeld) und Helga Seelbach (Hamm/v.l.) bringen nun viel Diskussionsstoff in die Gemeinden und den Kirchenkreis mit. Fotos: Petra Stroh

 

Eine inhaltsreiche und zeitlich fordernde Landessynode erlebten die fünf Delegierten aus unserem Kirchenkreis in Bad Neuenahr. Sie beschäftigten sich mit Fragen des „Personalmix“ in Gemeinden und Kirchenkreisen, diskutierten in Arbeitsgruppen und Plenum über das Papier des Schwerpunktthemas „Zeit zu leben- Zeit zu sterben“, informierten sich bei den Gästen aus der Ökumene über deren aktuelle und langfristigen Vorhaben, hörten zahlreiche Berichte zu Finanzplanungen und Fehlentwicklungen (bbz) und genossen im Rahmen des „Jahrs der Kirchenmusik“ ein ganz besonderes Hörerlebnis.

Sechs Tage dauerte die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland, die alljährlich zu Jahresbeginn im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr tagt.
Bevor im Juni 2012, im Nachgang zu den Presbyteriumswahlen im Februar, eine Neuwahl der Synodalen ansteht, ging noch einmal die bewährte Gruppe der heimischen Abgeordneten an die Arbeit. Neben Superintendentin Andrea Aufderheide, die als Mitglied der Kirchenleitung einen weiteren „Altenkirchener Platz“ ermöglichte, gehören ihr Stellvertreter, Pfarrer Marcus Tesch (Wissen), Pfarrerin Silvia Schaake (Flammersfeld), Helga Seelbach (Hamm) und Kurt Höblich (Wissen) zum Team.

 

Anregungen fließen in die Vor-Ort-Arbeit

Sie bringen von der am Freitag beendeten Synode viele Anregungen und Diskussionsstoff mit in die heimischen Gemeinden und den Kirchenkreis. “Auf eine gute Vorarbeit im Kirchenkreis Altenkirchen“ verwies Superintendentin Andrea Aufderheide mit Blick auf landeskirchliche Entscheidungen zur Personalplanung. Kooperationen einzelner Gemeinden oder in den vier Regionen des Kirchenkreises seien ebenso bereits umgesetzt oder angedacht wie die Zusammenarbeit in bestimmten Arbeitsfeldern mit dem Kirchenkreis, unterstrich die Superintendentin.

Die Landessynode hat es nun auch verbindlicher für alle festgelegt, die sich bislang noch nicht mit Kooperationsmodellen beschäftigten: In der Evangelischen Kirche im Rheinland soll es künftig eine abgestimmte gemeinsame Personalplanung in Kirchengemeinden, Verbänden und Kirchenkreisen geben. Die 38 Kirchenkreise zwischen Emmerich und Saarbrücken sind nach dem aktuellen Synodenschluss verpflichtet, bis spätestens Ende 2015 ein verbindliches Rahmenkonzept für eine gemeinsame Personalplanung zu erstellen. Diese abgestimmte Planung soll sicherstellen, dass es trotz zurückgehender finanzieller Ressourcen auch in Zukunft noch einen Personalmix aus Pfarrern, Kirchenmusikern, Jugendmitarbeitenden und anderen gibt – gegebenenfalls gemeindeübergreifend. „Das bedeutet eine Verpflichtung zur Personalplanung, aber nicht die Verpflichtung zu einem vorgegebenen Modell“, wurde bei der Plenardebatte, zu der sich auch eine Besuchergruppe aus dem Kreis Altenkirchen gesellt hatte, unterstrichen.

Gäste aus dem Kirchenkreis auf der Landessynode

Wie in jedem Jahr besuchte auch wieder eine Besuchergruppe aus dem Kirchenkreis die Landessynode und nutzte die Gelegenheit mit den heimischen Angeordneten über die Synodalthemen zu diskutieren. Zum Gruppenbild stellten sich (v.l.) Pfarrer Marcus Tesch, Synodaler Kurt Höblich, Superintendentin Andrea Aufderheide, die Mitarbeiterinnen des Verwaltungsamtes Claudia Müll und Karolina Rödder, Jugendreferent Horst Pitsch, Synodale Helga Seelbach und Pfarrerin Silvia Schaake. Alle Fotos: Petra Stroh

Heimische Presbyterien nutzten Diskussionsforum in Wissen

Gleichzeitig begrüßte die Synode, dass bereits viele Kirchengemeinden unbeschadet ihrer Selbstständigkeit zusammenarbeiten, um ihre Aufgaben, die in der Kirchenordnung geregelt sind, besser erfüllen zu können, und dankte den Presbyterien für die Entwicklung und Umsetzung beispielhafter Konzepte der Zusammenarbeit. An den Plänen für eine verbindlichere Personalplanung auf der Ebene der Kirchenkreise hatte es in den vergangenen Wochen und Monaten viel Kritik gegeben. In rheinischen Presbyterien war die Sorge laut geworden, sie könnten durch diese Planungen in ihrer Personalhoheit beschnitten werden.
Bei einem Presbytertag in Wissen im August hatten die Verantwortlichen in den 16 Kirchengemeinden des Kirchenkreises Altenkirchen kräftig diskutiert – unter anderem mit Kirchenrat Pfarrer Dr. Volker Lehnert – , auf fünf Regionalkonferenzen und in einem Internetforum gab es zudem Beteiligungsmöglichkeiten. Die entsprechenden Veränderungswünsche und Bedenken flossen nun in die Synodenvorlage ein.
Ab dem Jahr 2013 wird die Kirchenleitung der Landessynode jährlich einen Personalbericht vorlegen, in den ab 2017 die Personalplanungsdaten aus den von den Kirchenkreisen erstellten Rahmenkonzeptionen und die aktualisierten Angaben zum Personalbestand einfließen. Weitere Informationen zu diesem Beschluss www.ekir.de

 

„Öffentliche Wahrnehmung überlagert“

Bedauert wurde von den Synodalen aus dem Kirchenkreis Altenkirchen, dass die öffentliche Wahrnehmung der Landessynode überlagert wurde von einer in manchen Medien fast ausschließlichen Berichterstattung über die Ereignisse um die bbz (Beihilfe- und Bezüge-Zentrum GmbH) in Bad Dürkheim. Ein wichtiges und die Synode stark berührendes Thema, das aber dem Schwerpunktthema „Zeit zu leben- Zeit zu sterben“ viel „Raum“ nahm, sowohl in der öffentlichen Berichterstattung, wie auch für Diskussionen innerhalb des Synodenzeitraumes.
Deutlich wurde hinsichtlich des bbz, dass die EKiR ihre Beteiligungen klarer organisieren will.
Zwischenbericht des Vizepräsidenten zum bbz – siehe auch www.ekir.de
Die Synode will, dass die innerkirchlichen Zusammenhänge grundsätzlich beleuchtet werden.Aus Anlass der Vorgänge um die bbz Beihilfe- und Bezüge-Zentrum GmbH soll eine unabhängige Kommission grundsätzliche Fragen von Leitungs-, Führungs- und Aufsichtsstrukturen in der rheinischen Kirche untersuchen. Das beschloss die Landessynode.
Unabhängig von der Bewertung der straf-, zivil- und dienstrechtlichen Aspekte will das oberste Leitungsgremium damit eine Aufarbeitung innerkirchlicher Voraussetzungen struktureller und inhaltlicher Art in Gang setzen, die Entwicklungen wie bei der bbz GmbH ermöglichten. Das Unternehmen, dessen Alleingesellschafterin die Evangelische Kirche im Rheinland ist, war nicht zuletzt durch einen möglichen Kapitalanlagebetrug in Probleme geraten. Die Kirche hatte 20 Millionen Euro aufgewendet, um Zahlungsfähigkeit und Betrieb des eigenen Unternehmens zu sichern.
Die einzusetzende Kommission soll Vorschläge erarbeiten, „ob und gegebenenfalls wie Leitungs-, Führungs- und Aufsichtsstrukturen in der Evangelischen Kirche im Rheinland verändert werden müssen, um den Auftrag der Kirche im Rahmen einer presbyterial-synodalen Ordnung erfüllen zu können. Dabei ist das Zusammenwirken von Kirchenleitung und Landeskirchenamt besonders in den Blick zu nehmen“, so der Beschluss.
Neben einem Vorsitzenden bzw. einer Vorsitzenden soll die Kommission aus je einer Vertreterin bzw. einem Vertreter aus den Fachgebieten Theologie/Ekklesiologie, Wirtschaft und Finanzen, Wirtschaftsethik, Recht sowie Prozessorganisation/Personalverantwortung bestehen. Ihren Abschlussbericht soll sie der Landessynode bei der Tagung im Jahr 2013 vorlegen.

 

Rheinische Kirche plädiert für ein Recht auf Abbruch medizinischer Behandlung

Für eine ausreichende palliative Versorgung, für das Recht auf eine bindende Patientenverfügung und auf Abbruch medizinischer Behandlung hat sich die Landessynode der rheinischen Kirche im Rahmen des Schwerpunktthemas mit einer Stimme Enthaltung ausgesprochen. Gleichzeitig hat die Synode beschlossen, über den Umgang mit Suizid und Suizidbegleitung weiter im Theologischen Ausschuss zu beraten.
Die Orientierungshilfe der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) „Leben hat seine Zeit, und Sterben hat seine Zeit“ soll als Grundlage für zukünftige Diskussionen genutzt werden. Die Landessynode dankt in ihrem Beschluss allen Menschen, die sich Sterbenden zuwenden und sie begleiten. Sie will das Gespräch mit Ärztinnen und Ärzten, Pflegenden und Mitarbeitenden in diakonischen Einrichtungen verstärken, ebenso die Seelsorge für Sterbende und ihre Angehörige. Außerdem will die Landessynode sich für die Förderung und Stärkung von palliativer Versorgung und der Hospizarbeit einsetzen, die die Lebensqualität von Patienten in ihrer letzten Lebensphase steigern.

 

Pflege, Trost und Schmerzerleichterung müssen verfügbar sein

„Geschaffen zum Bild Gottes habe der Mensch eine Würde, die an keine Bedingung geknüpft ist“, halten die Landessynodalen fest. Doch aus dem Recht auf Leben ergebe sich keine Pflicht zum Leben. „Die Pflicht der Fürsorge und die Tugend des Mitgefühls gegenüber anderen Menschen, besonders gegenüber jenen, die Not leiden, sind für christliches Leben wesentlich und schon von Beginn an Bestandteil christlicher Moral“, argumentiert die Orientierungshilfe. Und: „Die Gesellschaften, Gemeinschaften und Kirchen haben die grundsätzliche Verantwortung, sicherzustellen, dass angemessene Pflege, Trost und Erleichterung von Schmerzen und Leid verfügbar sind und bereitgestellt werden, sowie Gemeinschaften und Werte zu fördern, die es schwerkranken und sterbenden Personen ermöglichen, ihr Leben als Träger einer unantastbaren und unbegrenzten Würde zu begreifen.“

Zum Abbruch lebensverlängernder Behandlungsmaßnahmen hält die Orientierungshilfe fest, dass es innerhalb der christlichen Ethik weitgehend akzeptiert sei, dass die Pflicht, menschliches Leben zu schützen und zu respektieren, nicht die Pflicht mit sich bringe, immer alles zu tun, was getan werden kann, um das Leben so lange wie medizinisch möglich zu verlängern. Dabei sollte der Wunsch des Patienten respektiert werden. Die Landessynode begrüßt in diesem Zusammenhang das Recht auf eine bindende Patientenverfügung.
Die Orientierungshilfe der GEKE ist eine Bestandsaufnahme bisheriger Stellungnahmen der Mitgliedskirchen und versucht, gemeinsame Grundlinien der ethischen Argumentation herauszuarbeiten.

Landessynodale bei der Arbeit

Viele Stunden – teils bis in die Nacht hinein – verbrachten die Altenkirchener Synodalen bei den Beratungen im Plenum (Foto) oder in Ausschussitzungen. Die Altenkirchener Synodalen haben ihre Schwerpunkte so gesetzt, dass sie in verschiedensten landeskirchlichen Ausschüssen präsent sind.

 

Nächtliches Konzert zum Thema „Nacht“ bei der Synode in Bad Neuenahr

Nachdem im Rheinland offiziell das “Jahr der Kirchenmusik“ zu Jahresbeginn eröffnet worden ist – im Kirchenkreis Altenkirchen wird im Februar die Staffel ihren Platz haben, dazu siehe auch „Jahr der Kirchenmusik – gab es diesmal bei der Landessynode auch ein besonderes musikalisches Erlebnis. Kantor Achim Runge (Hamm) war als heimischer Vertreter beteiligt.
KirchenmusikerInnen der Evangelischen Kirche im Rheinland stellten am Synoden-Mittwoch ab 22.22Uhr die Vielfalt ihrer Arbeit vor.
Den Beginn machte dabei eine Choralschola, die in den knapp eineinhalb Stunden des Konzertes unter anderem gefolgt wurde von Orgel mit Blasinstrumenten, mit Solo-Sängern, einem achtstimmigen Chor und einer Solo-Klarinette.
Die Vielfalt der Musik wurde jedoch nicht nur durch die unterschiedlichen Besetzungen deutlich, sondern auch durch die Zusammenstellung der Werke zum Thema „Nacht“, die jeweils nur einige Minuten dauerten. Unter anderem erklangen Chor-Abendlieder der Romantik von Felix Mendelssohn, Max Reger und Joseph Rheinberger. Ein Höhepunkt auch das „Gloria“ für Doppelchor von Johann Michael Bach. Für Trompete und Orgel komponiert  das „Grüne Fenster“ des Tschechen Petr Eben, der einen Zyklus über die Chagall-Fenster der Synogoge in der Universitätsklinik von Jerusalem geschrieben hat. Der Abend klang aus mit einem Kanon von Thomas Tallis (ca. 1505-1585), den die Musiker gemeinsam mit der Gemeinde sangen.

Weitere Informationen rund um die Landessynode, deren Beschlüsse, Predigten, Andachten etc. unter www.ekir.de