Kreissynode 2013 Herbst

Synode blickt nach Afrika und auf heimische Büchereien

Herbsttagung in Betzdorf:
Breite Themenpalette
an gleich zwei Tagungsorten

 

Über Gastgeschenke aus dem Partnerkirchenkreis Muku (Kongo) freuten sich Superintendentin Andrea Aufderheide und die Synodalen  bei ihrer Herbsttagung in der Betzdorfer Kreuzkirche. Pfarrer Joachim Dührkoop (Bildmitte) und Michel Sanya Mutambala waren jüngst für drei Wochen in Afrika unterwegs und hatten auch viel Berichtenswertes mitgebracht. Pünktlich zur Synode kamen auch politische „Hoffnungszeichen“ aus dem kriegsverwundeten Land und nährten die Hoffnung, dass die Partnerschaft künftig mit häufigeren persönlichen Kontakten „gelebt“ werden kann. Alle Fotos: Petra Stroh

 

 „Wir sind hoffnungsfroh und fröhlich überall auf  spontanen Friedensfesten unterwegs“, beschrieb Superintendent Byumanine Bisimwa per eMail an unsere  Synode die aktuellen Reaktionen im Partnerkirchenkreis Muku (Kongo). Pünktlich zur Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen in Betzdorf, wo die Partnerschaftsarbeit mit den afrikanischen Freunden ohnehin lang geplant im Blick stehen sollte, gab es hoffnungsvolle Nachrichten: Die „M23“ -Rebellen, die für jahrelangen Terror in der Region verantwortlich gemacht werden,  „streckten“ die Waffen. Ihre letzten Hochburgen im rohstoffreichen Osten des riesigen Landes seien jetzt unter Kontrolle der Streitkräfte, kam es über die Nachrichtenticker. „Die  Miliz gestand die Niederlage ein. Sie teilte mit, man werde die Rebellion beenden und auf rein politischer Ebene weiter nach Lösungen suchen“, wurde verkündet.

„Besonders unsere Frauen atmen auf“, rückte der Amtskollege von Superintendentin Andrea Aufderheide einen Aspekt des jahrelangen Terrors besonders in den Blick. Vergewaltigend, plündern und mordend waren die Rebellen im Osten Kongos unterwegs und brachten unendliches Leid über die Bevölkerung und die vielen Flüchtlinge, die sich vor allem im Raum Goma aufhalten.

2010 gab es anlässlich des Besuches einer Delegation aus Muku, darunter der jetzige Superintendent Byumanine Bisimwa, im Kreis Altenkirchen zum letzten Mal einen persönlichen Austausch der Partner. Die Besucher hatten damals viele schrecklichen Nachrichten im „Gepäck“, und die Nachrichten, die in der Folgezeit den Kirchenkreis Altenkirchen erreichten, verdeutlichten stets, wie der nunmehr 14 Jahre währende Krieg fortlaufend Leid und  Not über die Menschen in der „Poste Muku“ brachte.

Derzeit sehe man etwas hoffnungsfroher in die Zukunft, wenngleich es jenseits der M23 weitere marodierenden Milizen gäbe, die die Vision eines befriedeten Landes weiterhin umnebelten.

 

Persönliche Kontakte wurden gewürdigt

Nachdem es in den vergangenen Jahren nicht möglich war, dass eine Delegation des Kirchenkreises Altenkirchen die Freunde in Muku besuchen konnte (schon weit vorbereitete Reisen wie in 2011 mussten angesichts neu ausbrechender kriegerischer Handlungen letztendlich noch abgesagt werden), entschloss sich der Kirchenkreis, Pfarrer Joachim Dührkoop (Neuwied), der unter anderem für den Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen im Gemeindedienst für Mission und Ökumene wirkt, als „Einzelreisenden“ nach Muku zu entsenden. Der Theologe war gemeinsam mit dem in Goma geborenen Michel Sanya Mutambala, der auch als Übersetzer wirkte, für drei Wochen in der „kriegsverwundeten“ Region unterwegs. Beide erlebten dabei ein Wechselbad der Gefühle.

Bei der Kreissynode in der Betzdorfer Kreuzkirche berichteten sie von herzlichen und fröhlichen Empfängen in vielen Kirchengemeinden der Muku-Region, dem regen Austausch und von großer Freude über den persönlichen Partnerschafts-Kontakt. Unvergesslich für sie sind aber die vielen persönlichen Leidensgeschichten nicht nur aus den riesigen Flüchtlingslagern in Goma, jenseits des Kivusees. (Reisebericht mit Bildern)

Mitgebracht hatten Joachim Dührkoop und Michel Sanya Mutambala viele Bilder, Grüße und Gastgeschenke, aber auch die ansteckende Freude afrikanischer Musik, die durch die Kreuzkirche schallte und die rund 70 Synodalen und ihre Gäste an einem dunklen Herbstabend in Bewegung brachte.

 

In Bewegung brachteMichel Sanya Mutambala mit seiner afrikanischen Musik die Synodalen.

Berichten konnten die Kongo-Reisenden von „Erfolgsgeschichten“ inmitten des kriegsverwundeten Umfeldes, wie etwa den allen Widrigkeiten trotzenden Schulangeboten, oder davon, dass die gemeinsam mit  Menschen aus dem Kirchenkreis Altenkirchen in den achtziger Jahren gebaute Brunnenanlage „Manunga“ trotz Zerstörungsattacken, geraubter Einzelteile und kurzfristigen „Aussetzern“ wieder funktioniert und die Lebensqualität der Bewohner Mukus, aber auch der ortansässigen Krankenstation, positiv beeinflusst.

„Unser Besuch war sehr wichtig “, unterstrich Pfarrer Dührkoop. Zwar erlaubten heute moderne elektronische Kommunikationsformen schnelleren Austausch zwischen den Partnern, aber den persönlichen Kontakt könnten diese nicht ersetzen. Dementsprechend – so Superintendentin Andrea Aufderheide – hoffe man, dass die derzeitigen politischen Hoffnungszeichen weitere Besuche – ob im Kongo oder im Kreis Altenkirchen – erleichtern.

Die Kollekte des Synodengottesdienstes in Höhe von rund 660 Euro soll der kirchlichen Arbeit in Muku zugute kommen.

 

Im Betzdorfer Gemeindehaus „Auf dem Bühl“ traf sich die Kreissynode zum zweiten Synodentag.

 

Synode für Fortbestand der Büchereifachstelle

Acht evangelische-öffentliche Büchereien und das Betzdorfer ökumenische Kooperationsprojekt gibt es in unserem Kirchenkreis. 86 Mitarbeitende – vorwiegend Frauen und die meisten ehrenamtlich – sorgen dafür, dass pro Jahr fast 110 000 Ausleihen von Büchern und anderen Medien möglich und damit rund 3600 Menschen aller Altersklassen „kulturell versorgt“ werden. Dazu kommt eine Vielzahl weiterer Angebote, etwa Lesungen, die das Vor-Ort-Angebot bereichern.

All dies können die meist ehrenamtlichen Bücherei-Mitarbeiter nur leisten, weil sie die Evangelische Büchereifachstelle der Landeskirche in Düsseldorf als wichtigen Partner, Netzwerk, Ratgeber,  Aus- und Fortbilder an ihrer Seite wissen. Susanne Lützenkirchen, Leiterin der Bücherei der Ev. Kirchengemeinde Hamm und Synodalbeauftragte für Büchereiwesen im Kirchenkreis, verwies bei der Herbstsynode in Betzdorf auf das rege Engagement der heimischen Büchereien, aber auch auf die negativen Konsequenzen für diese Arbeit, wenn im Zuge der landeskirchlichen  Sparmaßnahmen die Büchereifachstelle abgeschafft werden sollte. Einem Initiativantrag der Kreissynode an die bevorstehenden Landessynoden (23. November in Hilden/Mitte Januar in Bad Neuenahr) schlossen sich – bei vier Enthaltungen – die Synodalen an und forderten den Fortbestand der landeskirchlichen Büchereifachstelle als Fundament der so profilierten heimischen Büchereiarbeit.

Es gehe um mehr als „Buchausleihe“, machten die Synodalen in ihrem Austausch deutlich. Es müssten auch – angesichts immer stärker wachsender Leseschwächen in der Gesellschaft – der „Bildungsauftrag der Reformation“  beibehalten und kirchliche Büchereitüren „in die Gesellschaft hinein“ offen gehalten werden.

 

Abendmahlsgottesdienst in der Kreuzkirche

Begonnen hatte die Kreissynode mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Betzdorfer Kreuzkirche.  Natalia Nazarenus gestaltete ihn musikalisch in Vertretung des erkrankten Kreiskantors musikalisch aus.

In seiner Predigt  vermisste Schulpfarrer Martin Hassler (Gymnasium Betzdorf) „Fingerspitzengefühl“ bei den örtlichen Terminplanungen des Wochenendes. Kritisch stellter er heraus, dass an einem Tag, an dem auch in Betzdorf der Judenpogrome des 9. November 1938 gedacht wurde, ein Krimifestival in der Stadt namens „Betzdorfer Blutbad“ ablief.

Er hätte sich für diesen Tag  eine Pause für das Krimifestival gewünscht.

„Denn die Realität ist und war oft brutaler und sinnloser als jeder erdachte Krimi. So auch der 9. November 1938. An den Gedenkveranstaltungen dazu beteiligen sich einzelne Kirchengemeinden und Christen. Auch unter uns sind einige dabei, die diesen Tag, seine Opfer und seine Täter vor dem Vergessen bewahren wollen“, hob er hervor.

Die Predigt im Wortlaut

 

„Wir haben die Kraft und die Chance „lange Bögen zu schlagen“

„Wir haben als Kirche – und darin sind wir „besonders“ – die einzigartige Kraft und Chance „lange Bögen“ zu schlagen. Wir können Themen anschlagen und auf die gesellschaftliche Tagesordnung setzen, die auch noch in zehn Jahren ‚unsere Themen’ sind und sein können, wenn wir die richtigen Schwerpunkte setzen“. In ihrem Synodenbericht – orientiert an der Jahreslosung 2014 „Gott nahe zu sein ist mein Glück“ (Psalm 73,28) – mahnte Superintendentin Andrea Aufderheide an, dass „wir geleitet von unserem Gottes- und Menschenbild“ – die Problematik alleinerziehender Mütter thematisieren können. „Wir können die Lebensperspektive einer Hartz-IV-Kinder- und Jugendgeneration aufzeigen. Wir können von der 72jährigen an der Ladenkasse sprechen, deren Rente noch nicht mal zum Sterben reicht. Wir können den Mund auftun für die Flüchtlinge, denen nicht nur die das Mittelmeer zur tödlichen Falle wird. Wir können sagen, dass nicht der Mensch um des Sabbats, sondern der Sabbat um des Menschen willen geschaffen ist, wenn die Stimmen derer wieder laut werden, die unablässig um das goldene Kalb herum tanzen wollen…“

In einem breiten Bogen relevanter Themen aus Kirchenkreis, Kirche und Gesellschaft griff die Superintendentin exemplarisch auch einige besondere Ereignisse aus dem vergangenen Jahr heraus. Darunter das Jubiläum der kreiskirchlichen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene (40 Jahre), der zehnte Geburtstag des Kooperationsprojektes „Mittendrin“, aber auch das musikalische Großereignis des 4. Westerwälder Bläsertages.

Perspektivisch verwies die Superintendentin u.a. darauf, dass sich nicht nur der anstehende Neujahrsempfang, sondern auch die Sommersynode 2014 mit dem Schwerpunktthema „Inklusion“ beschäftigen wird.

 

Haushaltsberatungen und Sonntagsschutz

Am zweiten Synodentag kamen die Synodalen im Gemeindehaus „Auf dem Bühl“ zusammen und berieten dabei zahlreiche Planungsgrundlagen.

In großer Einmütigkeit beschlossen die rund 70 Abgeordneten aus den 16 Kirchengemeinden die Personal- und Haushaltsplanungen für 2014. Erhöht wurde die kreiskirchliche Umlage auf nunmehr 41,45€/pro Gemeindeglied. Mit diesem erhöhten Entgelt soll der Kirchenkreis seine höheren Personalkosten und weitere Kostensteigerungen stemmen können. Trotz dieser höheren Abgaben (bislang 39,90€/Gemeindeglied) können die Kirchengemeinden jedoch dank der positiven Kirchensteuer-Entwicklung rund 2,5 Prozent zusätzliche Mittel einsetzen.

Die Synodalen beschließen nach einem ausführlichen Finanzbericht von Pfarrer Hans-Jürgen Volk die Erhöhung der kreiskirchlichen Umlage.

Seit mehreren Jahren setzt sich die Kreissynode bereits gegen eine zunehmende Kommerzialisierung des Sonntags ein. In ökumenischer Verbundenheit und in Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Akteuren will der Kirchenkreis weiterhin agieren und den freien Sonntag als „Kulturgut“ erhalten. In einem „Zwischenbericht“ stand der Sonntagsschutz in Betzdorf erneut auf der Tagesordnung. Beschlossen wurde, die derzeitigen politischen Planungen (verkaufsoffene Sonntage/Flohmarkt-Regelungen) in den Blick zu nehmen, eigene Erhebungen über die Sonntags-Aktivitäten vor Ort zu vervollständigen, den  Austausch mit den heimischen Partnern zu intensivieren und auf kommenden Synoden das Thema weiter zu beraten.

 

Gast der Kreissynode war – als „Wiederholungstäter“ – Dechant Rudolf Reuschenbach (katholisches Dekanat Betzdorf-Kirchen im Bistum Trier). Er erinnerte daran, dass man als Christen gemeinsam gefordert sei, den Menschen bei ihrer Suche nach den großen Fragen des Lebens zur Seite zu stehen.

Langfristige Personalplanung

Als „Langzeitprojekt“ gilt im Kirchenkreis die „Aufgabenkritik und Personalplanung“. Diesmal nahm die Synode – nach Vorarbeit durch den Strukturausschuss – die „Küster, Hausmeister und den Reinigungsdienst“ in Kirchenkreis und Gemeinden in den Blick. Anders als bei der Diskussion um die „Jugendarbeiter“ sah der Strukturausschuss diese Personal-Betrachtung als „nur bedingt vergleichbar“ an. „Die Auswertung der Stellen und vor allem der Stundenanteile hat ergeben, dass eine Vergleichbarkeit nach Gemeindegröße/Gemeindegliederzahl nicht möglich ist. Der Gebäudebestand, die Außenflächen, die Angebote und Aktivitäten sind zu unterschiedlich. Deshalb verzichtete der Strukturausschuss auf eine Festlegung pro Region.“

Dennoch appellierte der  Strukturausschuss an die Gemeinden, dass bei anstehenden Veränderungen in diesen Arbeitsbereichen die Nachbargemeinden zu informieren und eventuell Kooperationsmodelle zu prüfen soweit sie sinnvoll erscheinen.

Bei der Frühjahrssynode 2014 soll es innerhalb der Aufgabenkritik u.a. um den Pfarrstellenrahmenplan gehen.

 

Wahlen und Termine:

In einigen Bereichen musste die Synode „nachwählen“.  Jeweils einstimmig entschied die Synode, Helge Salveter (KG Wissen) in den Rechnungsprüfungsvorstand zu wählen. Seine Stellvertretung übernimmt Werner Schumann (KG Flammersfeld).

Astrid Noll (KG Hilgenroth) wurde in den Fachausschuss für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung und deren Angehörige gewählt, Silke Birkenbeul-Weber (Grundschule Wissen) und Susanne Henn (Realschule Plus Altenkirchen) gehören künftig dem Schulausschuss des Kirchenkreises an.

Am 28. Juni 2014 kommt die nächste Kreissynode in Flammersfeld zusammen. Zur Herbstsynode trifft man sich Mitte November 2014 in Kirchen.

 

Die Kollekten für drei „von der Kreissynode zu bestimmende Zwecke“ legte die Synode wie folgt für 2014 fest:

5. Januar: Es wird für den Partnerkirchenkreis Muku/Aidshilfeprojekt der VEM gesammelt.

2. März: Kollekte zugunsten des Partnerkirchenkreises „Oberes Havelland“.

29. Juni: Kollekte für die Arbeit der Schuldnerberatung im Diakonischen Werk Altenkirchen.

 

„Äpfel aus Pfarrers Garten“ bzw. von „Gemeindebäumen“ wurden zur Synode in Betzdorf gereicht. Gemeindepfarrer Heinz-Günter Brinken freute sich, den Synodalen Frisches aus eigener Ernte anbieten zu können.