Ja zu Impfgerechtigkeit – Nein zu Hetze und Gewalt

Viel Einmütigkeit herrschte bei der Synode des Evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen, die pandemiebedingt zum zweiten Mal in Folge online tagen musste. Einstimmig setzte man als Synode auch ein deutliches Zeichen in Sachen „weltweite Impfgerechtigkeit“! Außerdem würdigte die Synode all diejenigen, die sich seit zwei Jahren den Auswirkungen der Pandemie mit ihrer Arbeitskraft entgegenstellen; verurteilt wurden hingegen Gewaltaktionen und demokratiefeindliche Missbräuche der sogenannten „Montagsspaziergänge“.

„Während bei uns bereits geboostert und sogar über eine vierte Impfung diskutiert wird, gibt es in vielen Entwicklungsländern nur für 10-15 Prozent der Bevölkerung ein „Einmal-Impfangebot“, prangerte Superintendentin Andrea Aufderheide in ihrer Andacht zur Jahreslosung, die vorab in der Altenkirchener Christuskirche aufgezeichnet worden war, an: „Das ist der wirkliche Skandal! Die wahre Spaltung besteht somit global zwischen Impfberechtigten in den reichen Industrienationen, die sich den Luxus der Ablehnung des kostbaren Impfstoffs leisten können, und den Impfstoff-Unterversorgten in den verarmten Nationen (in der Regel) des Südens, die mit Impfspenden und kurz vor dem Verfall stehenden Vakzinen nur einen Bruchteil ihre Bevölkerung schützen können!“

Schwierige Bedingungen erschweren oftmals die medizinische Versorgung in unserem Partnerkirchenkreis in Muku/Demokratische Republik Kongo  (Archivbild: Krankenzimmer einer kleiner Station in Muku). Bei den Impfaktionen in der Corona-Pandemie liegt der Kongo weltweit am Ende der Versorgung. 

So seien bis Ende 2021 in der Demokratischen Republik Kongo, wo der Altenkirchener Partnerkirchenkreis Muku liegt, bislang lediglich 0,1 Prozent der dort lebenden Menschen geimpft. Die Kreissynode will über ihren zuständigen Fachausschuss den Menschen in Muku Hilfen zukommen lassen und bat die Abgeordneten des Kirchenkreises, die sich aktuell in die Beratungen der Landessynode einbringen können, um entsprechende Voten für eine weltweit gerechtere Versorgung von Impfstoff.

In einer „Öffentlichen Erklärung“ dankte die Synode Superintendentin Andrea Aufderheide für ihre klaren Worte bei der Andacht zum Auftakt der Kreissynode zu den Themen „Impfgerechtigkeit“ und den mahnenden Worten zu den Auswüchsen der sogenannten „Montagsspaziergänge“ und deren Folgen für unser demokratisches Zusammenleben.

Hier der Wortlaut der Erklärung:

Die Synode des Evangelischen Kirchenkreises sieht mit der SARS-Cov-2 Pandemie die Weltbevölkerung von einem gravierenden Gesundheitsnotstand betroffen. Mit großer Sorge nimmt die Synode wahr, dass durch die Pandemie die globale Ungerechtigkeit verstärkt wird. „Wir sehen es als eine christliche und humanitäre Aufgabe an, dies öffentlich zu machen und nationale Egoismen zu überwinden!“ Die Kreissynode unterstützt die Bestrebungen vieler kirchlicher Akteure, die sich für eine weltweite Impfgerechtigkeit einsetzen, und bittet ihre Abgeordneten, sich bei der bevorstehenden Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland entsprechend einzubringen.

Die Synode bittet ihren kreiskirchlichen Ausschuss für Ökumene, Eine-Welt- und Partnerschaftsarbeit, bis zur Sommersynode 2022 abzuklären, auf welche Weise der Partnerkirchenkreis Muku im Zuge der SARS-Cov-2 Pandemie gezielt (praktisch und finanziell) unterstützt werden kann.

Die Kreissynode sendet – in Anlehnung anderer Protagonist:innen der Zivilgesellschaft – ein solidarisches Zeichen an all diejenigen, die sich seit zwei Jahren den Auswirkungen der Pandemie mit ihrer Arbeitskraft entgegenstellen. Den Pflegekräften, dem Krankenhauspersonal, den Ärzt:innen, Lehrkräften, Erzieher:innen, Polizist:innen, Verwaltungsmitarbeitenden, Ver- und Entsorgern, aber auch den Frauen und Männern in unseren kirchlichen Einrichtungen, den zahlreichen Kulturschaffenden und den vielen anderen, die segensreich und mutig in belastenden Zeiten wirken, wollen wir unsere Wertschätzung für ihre Dienste kundtun! 

Wir wenden uns entschieden gegen diejenigen, die unter dem Deckmantel der sogenannten „Montags-Spaziergänge“ nur vordergründig persönliche Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte postulieren. Sie agieren demokratiefeindlich und missbrauchen die Unsicherheiten und ehrlichen Ängste von Menschen für ihre Zwecke.

Wir verurteilen jegliche Form von Gewalt gegen Menschen sowie gegen öffentliche und private Sachwerte – wie hier in Altenkirchen geschehen bei den Brandanschlägen auf das Gesundheitsamt und auf das Rathaus. Wir sehen dies als Angriff auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Wir sind empört darüber, dass die dort Beschäftigten über ihre täglichen Herausforderungen hinaus durch solche Anschläge noch weiteren psychischen Belastungen ausgesetzt werden. 

In der Auseinandersetzung mit allen Fragen einer Bekämpfung der Pandemie streben wir einen achtsamen, einander wertschätzenden Austausch zwischen unterschiedlichen Positionen an. Frieden im Sinne des biblischen Schalom bedeutet in diesem Kontext Unversehrtheit in Gerechtigkeit und nimmt grundsätzlich und vor allem die Perspektive der Schwächsten am Konflikt Beteiligten wahr. Das sind alle diejenigen, die weltweit überhaupt keinen Zugang zu Impfstoffen, Diagnostika, Therapeutika und medizinischer Versorgung haben. Nur wenn deren Wohlergehen im Blick bleibt und künftig gewährleistet wird, leben wir auch in Zeiten einer Pandemie mit anderen, mit uns selbst und mit Gott im Frieden.

Archivfoto Kirchenkreis:  Nur an ganz wenigen Stationen im ländlichen Teil des Osten des Kongos, zu der auch die Region Muku gehört, gibt es überhaupt Fahrzeuge, die Kranke transportieren können.