Inklusion Einfache Sprache

Einfache Sprache an
vielen Stellen hilfreich

Tagung in Altenkirchen beleuchtete Thema aus vielen Blickwinkeln

„Einfache Sprache nutzt mehr Menschen, als man denkt“, unterstrich Christiane Link, eine der Referentinnen beim Aktionstag „Leichte Sprache“ in Altenkirchen. Die vielfältig engagierte Journalistin lebt und arbeitet in London und hat dort u.a. überrascht erfahren, dass sie als „Nicht-Muttersprachlerin“ einfacher „verstehbar“ war als englische Kollegen, die sich (zu) wortgewaltig ausdrücken konnten.

„Behinderte Sprache oder behindert Sprache?“ war der Aktionstag in der Landjugendakademie Altenkirchen (LJA) überschrieben, der gemeinsam von der LJA, dem HIBA in Wissen und unserem Kirchenkreis/synodale Arbeit für Behinderte und ihre Familien, organisiert wurde.
Die drei Einrichtungen – mit LJA-Chefin Anke Kreutz, Christof Weller von der Beratungsstelle des HIBA und Pfarrer Hans-Jürgen Volk – setzten mit diesem Aktionstag ihre gemeinsame Reihe zur Inklusion fort.

Gemeinsam

Gemeinsam führten sie beim Aktionstag in Altenkirchen in die vielfältigen Aspekte der „Leichten Sprache“ ein: (v.l.) Pfarrerin Anke Kreutz (Landjugendakademie Altenkirchen), Gisela Holtz, Pfr. Hans-Jürgen Volk (Kirchenkreis Altenkirchen), Christof Weller (HIBA), Christiane Link, Martin Weser und Katja de Braganca. Fotos: Petra Stroh

Sprachliche Teilhabe gehört zur Inklusion

Rund 60 Frauen und Männer aus verschiedensten Bereichen nutzten den Aktionstag. Da Inklusion auch stark auf „sprachliche Teilhabe“ setzt, kamen Teilnehmende (Ehren- und Hauptamtliche)  aus Schulen, sozialen Einrichtungen, aus kirchlichen Bereichen, Werkstätten,  Verwaltungen und „schreibenden Berufen“.
„Es scheint schwierig zu sein mit unserem Hauptkommunikationsmittel „Sprache“ so umzugehen, dass alle eingebunden sind“, merkte Pfarrerin Anke Kreutz, Leiterin der Landjugendakademie und Mitorganisatorin des Tages zur Begrüßung an.
Überall stoßen Menschen auf „Nicht-Verstehbares“. In vielen Briefen, Formularen, Post von Ämtern, Presseberichten oder Mitteilungen finden sich Formulierungen, die nicht verstehbar sind.
Dadurch entstehen oft Missverständnisse oder sie verursachen Stress wegen nicht eingehaltener Termine oder Fristen.
Mehrarbeit entsteht bei Behörden und Institutionen, weil Mitteilungen mehrfach verschickt werden müssen oder Telefonate und zusätzliche Absprachen nötig werden.
Deshalb – dies wurde in Altenkirchen deutlich – ist „Leichte Sprache ein Thema der Inklusion, das nicht nur Menschen mit Behinderung betrifft.

Fachvorträge und Workshops

Mit mehreren Fachfrauen und Fachmännern aus unterschiedlichsten Bereichen wurde das Thema „Leichte Sprache“ in Vorträgen lebendig. In vier Workshops vertieften die Aktionstag-Teilnehmenden das Gehörte.
Christiane Link, Journalistin, Rednerin und Trainerin gründete die erste deutschsprachige Zeitung in Großbritannien und die Firma Ortegalink. Auf ihrem Blog „Behindertenparkplatz“ bezieht sie Stellung zu Themen wie Barrierefreiheit und Behinderung.
Als die heutige Londonerin einst bei der Kinder-Nachrichten-Sendung „Logo“ hospitierte, entdeckte sie, dass der Rückfrage-Service der Redaktion weitaus häufiger von Erwachsenen als von Kindern genutzt wurde.
Die „leichte Sprache“ der Logo-Nachrichten hatte es offenbar vielen Menschen angetan. Sie schätzten es, dass sie „endlich etwas verstehen“.
Link berichtete beim Aktionstag, dass man in England schon viele Jahrzehnte  viel intensiver darauf achtet, dass bei Behörden und Einrichtungen – inklusive aller Formulare – Sprache „verstehbar“ sei. Dort habe man vor 30 Jahren „alles durchforstet“ und den sprachlichen Zugang und die Verstehbarkeit verbessert.

Martin Weser aus der Verbandsgemeinde Altenkirchen ist Redakteur des Kulturmagazins „Ohrenkuss“. Dieses Magazin – deutschlandweit vertrieben – wird von Menschen mit Downsyndrom gemacht. Weser, der in den Werkstätten der Lebenshilfe in Flammersfeld arbeitet,  gab in Altenkirchen Einblicke in seine Texte, die er u.a. für „Ohrenkuss“ erarbeitete. „Ohrenkuss“- definierte er dabei so:
„Man hört und sieht ganz vieles – das meiste davon geht zum einen Ohr hinein und sofort zum anderen Ohr wieder hinaus. Aber manches ist auch wichtig und bleibt im Kopf – das ist dann ein Ohrenkuss“

Dr. Katja de Braganca, schrieb ihre Doktorarbeit als Biologin in Bonn über Trisomie 21“. Im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelte sie 1998 die Zeitschrift „Ohrenkuss“. Bis heute ist sie deren Chefredakteurin.  In Altenkirchen stellte sie den Werdegang der Zeitschrift und den Arbeitsalltag dort vor.

Gisela Holtz aus Münster ist Vorstandsmitglied des Netzwerks Leichte Sprache. Seit mehr als zehn Jahren hält sie Seminare, leitet Projekte und übersetzt Texte von schwerer in leichte Sprache.
Sie hatte ausnahmsweise nach Altenkirchen keine „Prüferin“ mitgebracht. Ansonsten arbeitet sie in Begleitung und diese „Prüferin“ gibt ihr unmittelbar Rückmeldung, wenn genutzte Wörter zu schwierig zu verstehen sind und fordert Übersetzungen ein. „Leichte Sprache ist logisch aufgebaute Sprache, aber keine Kindersprache“,  machte sie deutlich.
Sie hatte für die Aktionstag-Teilnehmenden zahlreiche Übersetzungshilfen mitgebracht und machte deutlich, wie einfach „leichte Texte“ sein können und wie im alltäglichen Gebrauch damit gearbeitet werden kann. Für Amtsschreiben hatte sie ebenso Tipps parat, wie für Mitteilungen oder auch Gemeindebriefe.

In vier Workshops wurden Texte in leichter Sprache erarbeitet, der Aktionstag journalistisch aufbereitet, mit dem „Ohrenkuss-Team“ an Texten gearbeitet und Texte für einen Gottesdienst in „leichter Sprache“ gefertigt. PES.

Pfarrer Hans Juergen Volk

Pfarrer Hans-Jürgen Volk erarbeitete in einem Workshop Grundlagen für einen Gottesdienst in „leichter Sprache“.

In loser Folge werden die Veranstaltungen zu unterschiedlichen Aspekten der Teilhabe auf dem Weg zur Inklusion fortgesetzt.
Die nächste Veranstaltung in dieser Reihe findet in Kooperation mit dem Weißen Ring am Dienstag, 7. Oktober, 19 Uhr, im Kuppelsaal der VG Wissen statt.