Gottesdienst für Sternenkinder

Mitwirkende Gottesdienst

An „Sternenkinder“ und viel zu früh verstorbene Kinder erinnerte ein Gedenkgottesdienst im Kirchenkreis. Ein Kirchenkreis-Team (v.l.: Krankenhaus-Pfarrerin Dorothea Krüger Sandmann, Jugendreferentin Carola Paas und Krankenhaus-Pfarrerin Jutta Braun-Meinecke) gestaltete den Gottesdienst in der Almersbacher Kirche gemeinsam mit der Band „Power-Station“. Hilfsangebote für trauernde Eltern hat das Team des Kirchenkreises in einem neuen Flyer gebündelt. Darin – sowie auf der Familienseite des Kirchenkreises – können Betroffene Unterstützungs- und Austauschmöglichkeiten finden. Fotos: Petra Stroh

Im Gedenken an
die Sternenkinder

Kreiskirchlicher Gottesdienst in Almersbach bot Raum für Erinnerung

Wo finden Menschen, die ein Kind in der Schwangerschaft oder nach einem viel zu kurzen Erdenleben verloren haben, Trost und Halt?
Der Verlust eines Kindes löst Krisen und Zweifel an Gott und der Welt aus. Betroffene Familien sind oft gelähmt, manchmal  von Selbstzweifeln oder Vorwürfen geplagt. Viele empfinden Hilflosigkeit, Schmerz, Traurigkeit, Fassungslosigkeit, Sprachlosigkeit oder Wut. Manche sind in ihrem Schmerz auf sich allein gestellt, müssen ihre Trauer allein tragen; der Umgang mit Fehl- und Totgeburten ist noch vielerorts ein Tabu und schafft Distanz und weiteren Schmerz.
Menschen, die ein Kind verloren haben, leiden nicht nur unmittelbar nach dem Verlust.
Für viele Betroffene ist es ein lebenslanger Schmerz; Verletzungen, die vor Jahren, gar Jahrzehnten entstanden, zu Zeiten, wo es in der die Gesellschaft und manchmal auch kirchlicherseits keine Hilfe und Unterstützung gab, belasten nachhaltig.
Mit dem Projekt „Sternenkinder im Kreis Altenkirchen“ , das gemeinsam von Jugendreferat und Krankenhaus-Seelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen organisiert und getragen wird, sollen betroffenen Familien Hilfemöglichkeiten aufgezeigt und sie in ihrer Trauer begleitet werden.

Gottesdienst zeigte „Trittsteine auf“

Trittsteine

„Trittsteine“ zu finden, die wieder Halt geben können auf unsicherem Untergrund, wurden in dem jährlichen „Gottesdienst für Sternenkinder und verstorbene Kinder“, den das Projektteam anbietet, angesprochen. Die beiden Krankenhaus-Seelsorgerinnen Jutta Braun-Meinecke (Kirchen) und Dorothea Krüger-Sandmann (Altenkirchen) und Jugendreferentin Carola Paas gestalteten den Gottesdienst, der zum dritten Mal in Folge – diesmal in Almersbach – stattfand und in dem sich Eltern, Großeltern und auch andere Menschen, die um ein „Sternenkind“ oder ein verstorbenes Kind trauern, zusammenfanden.
In ihrer Predigt zu Matthäus 14, 22-33, zeigte Pfarrerin Jutta Braun-Meinecke auf, wie auch etwa gute Erfahrungen sich zu „haltbaren Trittsteinen“ entwickeln können. Etwa, wenn Menschen in ihrer Verzweiflung von anderen „mitgetragen“ werden. Wenn ihnen Zeit, Aussprachemöglichkeiten und Unterstützung geschenkt werden.
„Jeder Mensch hat in seinem Leben – sei es kurz oder lang – eine Aufgabe zu erfüllen“, glaubt die Theologin und regte zum Nachspüren darüber an, welche Aufgabe die Sternenkinder in ihrem kurzen Dasein im Leben der Hinterbliebenen erfüllt haben.  „Trost kann aber auch darin liegen, dass diese kleinen Wesen nicht verloren gehen, bei Gott nicht“, unterstrich sie.
Viele Gottesdienstbesucherinnen und -besucher nutzten die Gelegenheit ihre Erinnerung in dem Gedenkgottesdienst greif- und sichtbar zu machen. Direkt neben „Trittsteinen“ im Altarraum ließen sie Erinnerungskerzen  in einer Schale aufleuchten. Die
„Power-Station-Band“ der Kirchengemeinde Almersbach, die den Gottesdienst einfühlsam musikalisch begleitete und bereicherte, ließ dazu Variationen von „Weißt Du wie viel Sternlein stehen…“ erklingen. 

Aktueller Flyer mit Angeboten

Wie wertvoll solche Gedenkmomente für Trauernden sein können, wurde in Gesprächen nach dem Gottesdienst deutlich. Jugendreferentin Carola Paas verwies darauf, dass das „Projekt Sternenkinder im Kreis Altenkirchen“ neben dem jährlichen Gedenkgottesdienst weitere Angebote umfasst. Aktuell wurde dazu – mit finanzieller Unterstützung der Stiftung des Evangelischen Kirchenkreises – ein neuer Flyer erstellt.
Er informiert über Ansprechpartner, Beratungsangebote, Trauergruppen u.a. „Auch Interesse an neuen Trauergruppen können so angesprochen und gebündelt werden“, betonte Paas.
Über die Kirchengemeinden, Krankenhäuser, Frauen- und Kinderärzte aber auch Kindergärten, können diese Flyer  bezogen werden. Auf der Familienseite des Kirchenkreises www.sagtsweiter.de gibt es ebenfalls diese Informationen und Kontaktmöglichkeiten. Auch die Predigt zum „Sternenkinder-Gottesdienst“ ist hier nachzulesen. PES.

Kerzen

Predigt zum Nachlesen

Sternenkinder-Gottesdienst in Almersbach 29.1.2017 – 4. So. n. Epiphanias 
Predigt: Krankenhaus-Seelsorgerin Jutta Braun-Meinecke (Kirchen) in Almersbach zu Mt 14, 22-33
———————————————————————-
Liebe Gemeinde,
vier Wochen, nachdem der Stern der Weisen über dem Neugeborenen Kind, das sie suchten stehen geblieben ist,
denken wir an die Sternenkinder:
früh geboren, zu früh
früh gestorben, zu früh.

Ein Leben lang gehören sie zu ihren Eltern und Familien,
die womöglich ein Leben lang um sie trauern
und sie tief verankert im Herzen tragen.

Der offizielle Predigttext für den heutigen 4. Sonntag nach Epiphanias steht im Matthäusevangelium im 4. Kapitel

Was für eine Erzählung, eine wunderbare!
Sie kennen die Erfahrung mit ihrem Lebensschifflein mitten hinein zu geraten in Sturm und Wellen. Nichts scheint noch Halt zu geben.
Mit den Wenigen, die zu Ihnen gehören, sind Sie allein mit der Angst und der Not ausgeliefert.

In der Trauer um das eigene Kind, kann es sein, dass man sich genauso vorkommt.
Es ist Nacht, es ist dunkel, keine Hilfe in Sicht.
Wie auch?
Niemand kann das Geschehene ungeschehen machen.
Und eine andere Hilfe kann man sich gar nicht vorstellen.

Tausend Fragen:
„Was soll werden?“
„Wie kann ich weiterleben?“
schlagen wie Wellen ins Boot

Die Zeit ist nicht mehr, was sie war,
nicht messbar, nicht spürbar. Sie dehnt sich zur Unendlichkeit.

Die erste Nachtwache, die zweite Nachtwache, die dritte Nachtwache…
Die Augen müde vom Weinen und Schauen und doch nichts sehen können.

Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See
formuliert der Evangelist Matthäus – Evangelium – gute Botschaft
Kaum zu glauben
Was Hilfe bringen kann, wird wie neuer Schrecken gesehen.

Auch in der Trauer ist das zuweilen so.
Fixiert auf das Unfassbare wird alles andere abgelehnt.

Es kann nicht sein, angesprochen zu werden erscheint gespenstisch.

So scheint es den Jüngern in der Erzählung auch zu gehen. Sie sind so von ihrer Angst gepackt, dass sie nichts und niemand Gutes mehr erwarten können. Da, wo das Unheimliche so mächtig wird, sieht man buchstäblich Gespenster.

Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach:
Seid getrost, ich bin´s; fürchtet euch nicht!

Das muss vertraut geklungen haben. 
Da war was wiederzuerkennen
Die Stimme, die Worte
fürchtet euch nicht
aus der Weihnachtsbotschaft bekannt.

Das lässt aufhorchen, daraufhin kann man Neues wagen,
Schritte ins Dunkle
Schritte ins Unbekannte

Und einer fasst Mut, wächst über sich hinaus:
„Herr, wenn du es bist, so befiehl mir zu dir zu kommen auf dem Wasser“
Mutprobe?
Überschwang im Vertrauen? Rettende Arme?

Wer will sagen, was ihn da antreibt!?
„Komm her!“
Womöglich kennen Sie auch das!

Alles auf eine Karte gesetzt!
Das Herz über Bord geworfen
und siehe, das Wasser trägt!!!
Immer weiter,     es geht,         tatsächlich.
Das Unvorstellbare  ist möglich, das Ziel fest vor Augen,
das bange Herz fasst Vertrauen.

Ein Glücksmoment in all dem Chaos.
Nur nicht nach rechts und nach links schauen!

Als er aber den starken Wind sah und die Wellen,
erschrak er und begann zu sinken und schrie:
„Herr, hilf mir!“

Wir wissen es alle, Glücksmomente lassen sich nicht ausdehnen auf längere Strecken oder  Zeiten.
Wir wissen aber auch, Glücksmomente können Kraft geben, es noch einmal zu versuchen, das Wagnis ins Leben,
das Wagnis ins Unbekannte, vermeintlich Haltlose.

Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht!

Ist allemal ein Zuspruch in Angst und Gefahr.
Manchmal muss man sich vergewissern

„Herr, wenn du es bist, so befiehl mir zu dir zu kommen auf dem Wasser“
„Wenn du es bist“ im Durcheinander von Sturm und Wellen, im Dunkel ist der Retter keineswegs leicht zu erkennen…
„Komm her!“
 Die Stimme kennt er. Sie ist vertraut.
Was hat er nicht schon alles mit IHM erlebt.
Unglaubliches.

Liebe Gemeinde,
wenn wir zurückschauen, geht es uns doch nicht anders.

Seid getrost, ich bin´s; fürchtet euch nicht!
Die Stimme kennen wir. Diese Worte sind vertraut.

Was haben wir im Auf und Ab unseres Lebensschiffleins mit IHM nicht schon alles erlebt?
Ungeahntes, Unerwartetes, Unglaubliches.

Wie Trittsteine über tiefe Wasser
Können solche Erfahrungen aus anderen Zeiten sein.

Trittsteine über´s Wasser mag Er uns gezeigt haben.
Wege aus Ausweglosigkeiten.

Vielleicht, liebe Gemeinde, erinnern Sie sich an solche Trittsteine:

Da hat jemand mitten in der ersten Verzweiflung etwas zu essen gebracht, eine warme Mahlzeit.

Eine Freundin war da, jeden Tag, hat zum Spaziergang aufgefordert,
hat zugehört, ist mitgegangen.

Jemand anderes hat Blumen gebracht, nicht für den Friedhof, nein für Sie zuhause.

Andere haben das Thema nicht ausgeklammert, haben nachgefragt, das Auf und Ab der Traurigkeit mitausgehalten über lange Zeit.

Jemand, der ähnliches erlebt hat, hat Verständnis gezeigt und Sie fühlten sich verstanden.

Solche Erfahrungen können zu Trittsteinen werden, die neue Wege ins Leben bahnen.

Und plötzlich entdeckt man Neues.
Ein ungenutzter Raum wird aufgeräumt und dient nun als Hobbyraum, wo Kreatives entsteht, –  um nur ein Beispiel zu nennen.

Ich glaube übrigens, dass jeder Mensch in seinem Leben
– sei es kurz oder lang- 
eine Aufgabe zu erfüllen hat.

Vielleicht spüren Sie dem einmal nach:
was für eine Aufgabe hat Ihr Sternenkind erfüllt mit seinem kurzen Dasein  in Ihrem Leben?

Ludwig Uhland hat das so feinfühlig formuliert:
Du kamst, du gingst mit leiser Spur,
ein flüchtiger Gast im Erdenland.
Woher? Wohin? Wir wissen nur:
aus Gottes Hand in Gottes Hand!

Trost kann darin liegen, dass diese kleinen Wesen nicht verloren gehen, bei Gott nicht!

Die Geburt meiner Sternenschwester ist 55 Jahre her, ihr Tod auch. Sie ist auch in unserer Familie nicht vergessen und ich hätte sie bis heute gerne an meiner Seite gehabt. Vieles im Gefüge unsere Familie wäre ganz anders gewesen… und geworden.

Liebe Gemeinde,
ich weiß wohl, dass die biblische Geschichte
-streng theologisch betrachtet-
eine Geschichte der Gotteserkenntnis ist.

>> „Du bist wahrhaftig Gottes Sohn“
Bekennen die jünger, nachdem Jesus und Petrus sicher im Boot sind.

Und eben darum geht es mir:

Im Dunkel der Angst, in Zweifel und Ausweglosigkeit
Geht Jesus uns nach oder kommt uns entgegen,
schlägt über alles das einen Bogen
mit den Worten „Komm her“
und wirbt dabei um Vertrauen.

Das mag der Trittstein sein, der am meiste Halt gibt im Leben.

                                                                           AMEN