„Gehe voller Zuversicht“

„Gehe voller Zuversicht“

DW-Leiter Hubertus Eunicke geht in den Ruhestand/Nachfolger wird Timo Schneider

 

Hubertus Eunicke vor Schild am Diakonischen Werk

Veränderungen gab es reichlich in den 21 Jahren, in denen Hubertus Eunicke als Leiter das Diakonische Werk unseres Kirchenkreises prägte. Viele Arbeitsgebiete und neue Mitarbeitende kamen hinzu, wie das Angebotsportal am „Haus der Kirche“ aufzeigt. Das dagegen schlichte Schild „Zur Inneren Mission“ (dem Vorläufer des hiesigen Diakonischen Werks) aus den sechziger Jahren, erhielt Eunicke, der nun in den Ruhestand tritt, als Erinnerungsgeschenk bei Dienstantritt 1991. Fotos: Archiv/Stroh

Über 50 Jahre gibt es das Diakonische Werk (DW) unseres Kirchenkreises. Fast 21 Jahre davon wurde es von dessen Leiter, Hubertus Eunicke, geprägt. Nun geht er in den Ruhestand. Nachfolger wird Timo Schneider (35), der als ausgebildeter Banker, Dipl. Pädagoge und Dipl. Soziologe auch das Management von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen studiert hat, und bis zu seinem Dienstantritt in Altenkirchen die Deutsche Pfadfinderschaft im Diözesanverband Trier als Geschäftsführer leitete.

Als Hubertus Eunicke, ein studierter Pädagoge, im April 1991 die Leitung des Diakonischen Werkes übernahm, war der gebürtige Niedersachse in Altenkirchen kein Unbekannter mehr. Zehn Jahre hatte er zuvor als Referent der Landjugendakademie gewirkt.

Ziemlich verändert haben sich in den 21 Jahren, in denen Eunicke das DW leitete, dessen Angebote und Arbeitsfelder. Die Zahl der Mitarbeitenden hat sich mehr als verdoppelt, und die gesellschaftlichen Entwicklungen sorgten für neue Schwerpunkte. Hubertus Eunicke reagierte stets sensibel auf den Wandel und passte – gemeinsam mit dem wachsenden Team – die Angebote der Beratung, Hilfe und Unterstützung an. „1991 war ein „WERK“ erst in Ansätzen erkennbar, aber eine hohe Motivation, sich den Fragen der Zeit zu stellen“, erinnert sich Eunicke.

1991 war eine „Frage der Zeit“ noch die Unterbringung und Betreuung von Aus- und Übersiedlern. Nach der Öffnung des „Eisernen Vorhanges“ war das Diakonische Werk noch mehrere Jahre Träger von zwei Übergangswohnheimen in Altenkirchen und Kirchen. Weggefallen war hingegen die Arbeit mit den ostdeutschen Partnerkirchen, die bis Ende der 80ziger Jahre noch ein wichtiges Arbeitsfeld von Eunickes Amtsvorgänger Abresch stellte.

Veränderungen auch in den hiesigen Sozialstationen: Bis Mitte 2000 hatte Hubertus Eunicke neben dem DW auch die Geschäftsführung der Sozialstation Altenkirchen zu managen. Dann musste – aufgrund der Größe – dort eine eigene Geschäftsführung installiert werden.

Doch die „Zusatzaufgaben“ für DW-Leiter Eunicke kamen dann von anderer Seite. Ab 2001 übernahm er die Geschäftsführung der „Ambulanten Reha Sucht“, einer hiesigen Einrichtung, die es etlichen Menschen erlaubte, sich  – ohne lange Abwesenheit von Arbeitsplatz und Familie – ihren Suchtproblemen zu stellen und neue suchtunbelastete Wege zu gehen.

Generell wurde die professionelle und ehrenamtliche Begleitung von Menschen mit Suchtproblemenzu einem immer bedeutenderen Arbeitsgebiet im wachsenden Diakonischen Werk. Suchtprävention und auch die Schuldnerberatung in der Suchtkrankenhilfe entwickelten sich zu stark nachgefragten Angeboten, ebenso die Begleitung von Menschen, die ihren Führerschein aufgrund von Suchtmittel-Gebrauch abgeben mussten.

Team des Diakonischen Weges

2009 – in diesem Jahr wurde das Diakonische Werk unseres Kirchenkreises 5o Jahre alt – stellte sich das damalige Team zum Gruppenbild.

 

Das Projekt „Phönix“ zur Begleitung von traumatisierten Flüchtlingen entstand (bis 12/2011), außerdem reagierte man mit Angeboten wie dem Jugendmigrationsdienst und der Begleitung und Förderung von Arbeitslosen auf gesellschaftliche Herausforderungen. Dass es irgendwann in seiner Dienstzeit auch zu Angeboten wie „Tafeln und Suppenküchen“ kommen würde, konnte sich der langjährige DW-Leiter zu Dienstantritt noch nicht vorstellen; ganz neue Herausforderung auch die Geschäftsführung eines „Mehrgenerationenhauses“.

Jugendmigrationsdienst und der Begleitung und Förderung von Arbeitslosen auf gesellschaftliche Herausforderungen. Ebenfalls gesellschaftliche Wurzeln brachten neue Herausforderungen für die Diakonie, etwa die Tafelarbeit oder die Führung eines Mehrgenerationenhauses.

„Ich bin froh und dankbar, dass wir mit unseren Arbeitsfeldern und in Form von Projekten immer wieder das unsere dazu beitragen konnten, dass die Jahreslosung des laufenden Jahres „Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig“ in vielen Einzelfällen immer wieder Gestalt annehmen konnte“, unterstreicht Eunicke.

Seinen Platz räume er nun dankbar und voller Zuversicht für die weitere Entwicklung des Diakonischen Werkes gern, aber auch mit Wehmut, macht er deutlich. In einem Gottesdienst in der kommenden Woche wird Hubertus Eunicke von seinem Amt entpflichtet und sein Nachfolger Schneider im Diakonischen Werk Altenkirchen offiziell willkommen geheißen. PES

 

 

Drei Fragen an Hubertus Eunicke

Hubertus Eunicke im umweltfreundlichen Auto

 

Von Butterbergen und Hochachtung vor Menschen

 

Während Ihrer Amtszeit hat sich die Zahl der Beschäftigten im Diakonischen Werk mehr als verdoppelt. Doch die Veränderungen ansonsten waren auch markant?

Hubertus Eunicke: Zu Beginn meiner Tätigkeit waren es acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – von „Diakonie“ hatten alle eine ziemlich genaue, bis heute prägende Vorstellung. Eine strukturierte Arbeitsteilung oder gar „Fachdienste“ im heutigen Sinne gab es nicht – jede und jeder war mehr oder weniger für alles „zuständig“. Ein „WERK“ war erst in Ansätzen erkennbar, aber eine hohe Motivation, sich den Fragen der Zeit zu stellen.

Inzwischen machen fast 30 hauptberufliche „Köpfe“ und 133 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Gesicht des Diakonischen Werkes aus. Auch wenn sich die verschiedenen Dienste inzwischen klar strukturiert und fachlich qualifizierter profiliert haben, bleibt doch das Bewusstsein, dass alle ihren Teil um Gelingen des Ganzen beitragen. Die Mitarbeitenden arbeiten gern an der Weiterentwicklung des Diakonischen Werkes mit – das ist eine gute Voraussetzung dafür, Leitungsverantwortung engagiert und erfolgreich wahrnehmen zu können.

 

Die vergangenen 21 Jahre gingen mit besonderen gesellschaftlichen und auch rasanten Veränderungen einher. Was hätten Sie sich vor 21 Jahren nicht vorstellen können?

Hubertus Eunicke: Als ich begann, hatten die Wohlfahrtsverbände gerade das ihrige dazu beigetragen, den „Butterberg“ der EU „abzutragen“: Mehr oder minder über Nacht mussten „Bedürftige“ gefunden werden, die mit Butter „überhäuft“ wurden. Ich konnte und wollte mir nicht vorstellen, dass eine solch unwürdige Aktion wieder im Bereich der Diakonie Raum greifen könnte und habe die Unterlagen über diese Aktion schnell einer geordneten Entsorgung zugeführt.

Inzwischen haben wir im Kreis Altenkirchen drei „Tafeln“ und entsprechende Anlaufstellen in den Kirchengemeinden Birnbach und Flammersfeld. Ein Skandal, dass es in einem reichen Land solche Einrichtungen geben muss – aber auch ein Segen für die, die diese Hilfe in Anspruch nehmen!

Ich hatte gehofft, dass die Kräfte, die die Gesellschaft zusammenhalten, mehr und wirksamer gestärkt würden. Ich hatte gehofft, dass (Langzeit-)Arbeitslosigkeit als „Thema Nr. 1“ gesehen, behandelt und entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden, um hier wirkliche Veränderungen zu bewirken. Und ich hatte gehofft, dass Integration und Inklusion kein eigenes Ministerium erfordern, sondern im Alltag selbstverständlicher gelebt werden.

Ich bin froh und dankbar, dass wir mit unseren Arbeitsfeldern und in Form von Projekten immer wieder das unsere dazu beitragen konnten, dass die Jahreslosung des laufenden Jahres in vielen Einzelfällen immer wieder Gestalt annehmen konnte: „Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig“. Und ich durfte immer wieder erkennen, dass Menschen, die über wenig finanzielle Mittel verfügen, oft nicht „sozial schwach“ sind, sondern soziale Verantwortung in erheblichem Maße übernehmen und leben. Am Ende meiner Dienstzeit verbeuge ich mich vor denjenigen, die trotz materieller Sorgen, Krankheiten oder anderer erheblicher Einschränkungen ihre Nächsten immer als ihre (Mit-)Geschwister gesehen und behandelt haben. Das Engagement und die Kraft vieler unserer „Klienten“ hat mir oft viel Anlass für persönliche Hochachtung und Respekt gegeben.

 

Worauf freuen Sie sich jetzt in Ihrer dienstfreien Phase?

Hubertus Eunicke: Ich bin froh, dass es für meine Familie keinen Terminkalender mehr gibt, dem sich vieles unterordnen muss.

Auch bin ich froh, dass lange Jahre „auf Eis gelegte“ Hobbys wieder aufleben können: ich restauriere gern mittelalterliche Bücher, werde auch wieder mehr singen und musizieren und habe eine Menge Pläne im Kopf.

Ganz gezielt will ich mich ein Jahr lang aus allem heraushalten, was bisher meinen beruflichen Alltag bestimmt hat, allein, um meinem Nachfolger Timo Schneider, den ich sehr schätze, nicht im Wege zu stehen.

Insgesamt bin ich dankbar, dass ich das meine dazu beitragen konnte, das Diakonische Werk zu dem zu machen, was es heute auszeichnet. Hierzu haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Vertrauensvorschuss seitens des Evangelischen Kirchenkreises und die vielen Kooperationspartner Entscheidendes beigetragen, so dass ich meinen Platz dankbar und voller Zuversicht für die weitere Entwicklung des Diakonischen Werkes gern, aber auch mit Wehmut räume.