DW Beratung Vertrauliche Geburt
Iris Jares (2.v.l.), von der Evangelischen Beratungsstelle in Duisburg, informierte die Vor-Ort-Akteure aus Schwangeren- und sozialer Beratung, medizinischer Betreuung und der Behörden im Ev. Gemeindehaus in Kirchen zum Verfahren und Ablauf der „Vertraulichen Geburt“. Fotos: Petra Stroh
Vorbereitet auf die
„Vertrauliche Geburt“
Beratungsstelle des Diakonischen Werkes gab Anschub beim Netzwerk
Seit Mai 2014 hat ein neues Gesetz die Möglichkeit einer „Vertraulichen Geburt“ geschaffen. Es soll mehrere Effekte haben: zum einen im nachgeburtlichen Bereich den Rückgang von Kindstötungen und –aussetzungen erreichen; Kindern eine Chance eröffnen als Heranwachsende ihre „Wurzeln“ nachvollziehen zu können, aber auch vor und rund um die Geburt Mutter und Kind besser zu betreuen, z.B. durch medizinische Begleitung.
„Ein komplexes Thema mit allerlei Herausforderungen für diejenigen, die Mütter bei der ‚Vertraulichen Geburt’ begleiten“. Timo Schneider, Leiter der Beratungsstelle des Diakonischen Werkes in unserem Kirchenkreises, machte dies bei einem kreisweiten ersten „Netzwerktreffen“ in Kirchen deutlich.
Auch in der Heimatregion sollen Frauen, die eine vertrauliche Geburt wünschen, gut Informiert und betreut werden. Entscheidet sich eine schwangere Frau für eine vertrauliche Geburt, organisieren und steuern die Schwangerenberatungsstellen laut Gesetz das gesamte Verfahren. Dazu haben sich die heimischen Akteure in der Schwangerenberatung (Beratungsstelle des Diakonischen Werkes und Caritas Betzdorf) entsprechend fortgebildet, sind nun „beratungsbefähigt“, und spannen ein kreisweites Netzwerk. Eingebunden dabei auch die Kreisverwaltung Altenkirchen/Adoptionsvermittlungsstelle.
Die heimischen Akteure an einem Tisch
Bei dem Netzwerktreffen, zu dem diesmal das Diakonische Werk federführend eingeladen hatte, kamen neben den Fachkräften aus der Schwangerenberatung der Region auch Vertreter des Gesundheitsamtes, aus der sozialen Beratung allgemein und den Schulen, aus gynäkologischen Praxen und Kliniken sowie Hebammen zusammen.
Flächendeckendes Angebot – schnelles Handeln kann gefragt sein
Bundesweit ist eine öffentlichkeitswirksame Informations-Kampagne Hotline/internetseite (0800 40 40 020 oder www.geburt-vertraulich.de) angelaufen. Frauen, die sich hierhin wenden, weil sie eine „Vertrauliche Geburt“ wünschen, werden an die Beratungsstelle vor Ort weitervermittelt. Rund 1600 Beratungsstellen gibt es bundesweit. Mit ihnen ist gewährleistet, dass es für die ratsuchenden Frauen ein flächendeckendes Angebot gibt. Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen im Kreis Altenkirchen wurden hierfür speziell geschult. Noch sind keine Verfahren im Kreis Altenkirchen „durchlaufen“, aber alle Beteiligten entsprechend vorbereitet. Denn im Anfragsfalle kann auch ein sehr schnelles Handeln nötig werden, etwa, wenn sich die werdende Mutter erstmals beim Einsetzen der Wehen um Beistand bemüht.
Das Verfahren der „Vertrauliche Geburt“ ist in Phasen unterteilt und an vielen Stellen kann es auf Wunsch der Mutter abgebrochen werden. Auch hierbei ist dann die Unterstützung und Hilfe der Schwangerenberatung vor Ort – die ja generell in Hilfen für Mutter und Kind erfahren und vernetzt sind – besonders wichtig.
Netzwerk muss gepflegt werden
Da das Verfahren “Vertrauliche Geburt“ noch neu und längst noch nicht alle Detailfragen im Zusammenspiel der Akteure klar sind, gehören Aufbau und Pflege des Netzwerks zwingend zu einem gelingenden Angebot dazu.
Reihum werden künftig solche Treffen organisiert. Diakonie-Geschäftsführer Timo Schneider, der den Auftakt machte, hatte dazu mit Iris Jares von der Evangelischen Beratungsstelle Duisburg eine fachkundige und erfahrene Referentin zum Thema „Verfahren und Ablauf Vertrauliche Geburt“ eingeladen, die einfühlsam Fakten und Fallbeispiele vorstellte.
Anschaulich machte sie es bei einem Planspiel, in der das Zusammenwirken von Beteiligten (neben der Mutter und Beraterin auch die Klinik, Adoptionsvermittlung, aber auch des Bundesamtes für Familien und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) nachvollziehbar wurde.
Worin liegen genau die Unterschiede zwischen „Anonymen Geburten“, und „Vertraulichen Geburten“? Haben „Babyklappen“ ausgedient? Sind bereits Effekte der Gesetzesänderung spürbar?
Aus der Runde, die sich im evangelischen Gemeindehaus in Kirchen traf, kamen viele Fragen zu den jeweiligen Berührungspunkten. Deutlich wurde u.a., dass das neue Gesetz viele „wohltuende“ Folgen haben kann, es aber auch großer Sorgfalt in der Beratung/Begleitung der Mütter bedarf.
Kinder können ihren Wurzeln nachspüren
Den „vertraulich geborenen“ Kindern hilft nicht nur die vor- und nachgeburtliche medizinische Betreuung, sondern auch, dass sie nach ihrem 16. Geburtstag mithilfe des sorgsam ausgeklügelten „Pseudonymisierungs-Verfahren“ ihre Herkunft und ihre „Wurzeln“ nachvollziehen können.
Dem Jugendamt/Adoptionsvermittlungsstelle hilft das Wissen um eine anstehende „Vertrauliche Geburt“ auch. „Wir können sehr früh aktiv werden und bereits im Vorfeld nach Vormund/Adoptiveltern schauen“, schilderte Sigrid Hüsch (KV Altenkirchen).
Deutlich wurde aber auch, dass es beispielsweise rund um die Rolle und Rechte der Väter besonders viel Aufklärungsbedarf und Fragen gibt. Sicher ein Themenfeld, so der Tenor der Runde, das bei der Evaluation des Gesetzes besonders im Blick sein muss.
Dass es rund um die „Vertrauliche Geburt“ auch im Kreis Altenkirchen – ebenso wie in dem Erfahrungsbereich der Duisburger Fachfrau – keinerlei „Wettbewerbs-Denken“ der Beratungsangebote gibt, wurde beim Netzwerktreffen deutlich: nur gemeinsam kann die gute Betreuung von Müttern und Kindern gelingen. PES
Fragen zu Vertraulicher Geburt, Hilfen in der Schwangerschaft etc.:
Beratungsstelle des Evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen (Altenkirchen und Betzdorf:
02681/3961 oder 02741/934234
www.beratungsstelle-altenkirchen.de
Beratungsstelle des Caritasverbandes: 02741/9760-0
www.caritas–betzdorf.de
oder:
0800 40 40 020 und www.geburt-vertraulich.de
Anschaulich wurde das komplexe Zusammenwirken für eine gelingende „Vertrauliche Geburt“ für die Netzwerker im Kreis Altenkirchen durch ein Planspiel, das Fachfrau Iris Jares (vorne links) initiierte.