Besondere Gottesdienste 2015

Besondere Gottesdienste im Kirchenkreis

 

Buß- und Bettag im Kirchenkreis

Gemeinsamer Gottesdienst und Ehrung von Jubilaren

Gemeinsam feiern die Mitarbeitenden des Kirchenkreises traditionell einen Gottesdienst am Buß- und Bettag am Vormittag in der Altenkirchener Christuskirche.
Seit 1990 der Bußtag kein arbeitsfreier Tag mehr ist, haben viele Gemeinden ihre Gottesdienste an diesem Tag auf die Abende verlegt. Nur in den Evangelischen Kirchengemeinden in Betzdorf und Kirchen sind an diesem Tag auch vormittags im Gemeindealltag noch „Feiertags-Akzente“ gesetzt.

Der Kirchenkreis hat vor vielen Jahren ein eigens Ritual für seinen Buß- und Bettag entwickelt. So starten die Mitarbeitenden jeweils mit einem Abendmahls-Gottesdienst. Ihn gestalteten Assessor Pfarrer Marcus Tesch (Liturgie/Predigt) und Kreiskantor Alexander Kuhlo (Musik) gemeinsam mit den Mitarbeitenden aus. Die aktuelle Situation von Flüchtlingen stand auch hier im Fokus, die Kollekte fließt in die Arbeit der psychosozialen Flüchtlingsberatung ein.

Gemeinsam kommen die Mitarbeitenden anschließend im „Forum“ der Kirchengemeinde zu einem Frühstück zusammen und hören hier auch die Berichte aus Landeskirche und Kirchenkreis, insbesondere der vorangegangenen Kreissynode sowie Berichte der Mitarbeitenden-Vertretung.

Traditionell werden auch in dieser Runde langjährige Mitarbeitende geehrt. Assessor Marcus Tesch, der an diese Jubiläen erinnerte, verwies darauf, dass es für den Kirchenkreis etwas Besonderes sei, das viele Mitarbeitende ihm so lange verbunden bleiben. Er wertschätze die Arbeit der Frauen und Männern in den verschiedensten Arbeitsbereichen. „Auch wenn einige Arbeitsbereiche stärker in der öffentlichen Wahrnehmung stehen, können alle unsere Bemühungen nur gelingen, wenn die unterschiedlichsten Bereiche, auch die ‚unsichtbaren’,  so engagiert zusammenwirken, unterstrich er.
 
Gleich zwei Jubilare im Kirchenkreis sind seit 30 Jahren dabei: Verwaltungsamtsleiter Uwe Danner und Hausmeister Günther Kleisz. Beide kamen 1985 in den Dienst des Kirchenkreises.
Seit 25 Jahren ist die jetzige Abteilungsleiterin „Finanzen und Vermögen“, Claudia Müll, beim Kirchenkreis, ihre Kollegin aus der diesem Arbeitsbereich, Kerstin Görtz, seit  1994. Seit zehn Jahren schon arbeitet Lilli Borodkin im Reinigungsdienst.
Blumen und fröhlich-bunte Regenschirme gab es für die engagierten Mitarbeitenden als Erinnerung an ihre Jubiläen.

Jubilare Kirchenkreis 2015

Jubilarehrung beim Kirchenkreis: Assessor Pfarrer Marcus Tesch (rechts) dankte den anwesenden Mitarbeitenden (v.l.) Uwe Danner, Claudia Müll, Kerstin Görtz und Günther Kleisz für ihr jahrzehntelanges Wirken zum Wohle des Kirchenkreises. Foto. Petra Stroh

JESUS CHRIST SUPERSTAR

Aufführungen in Altenkirchen und Birnbach im Rahmen eines Gottesdienstes

Im Auftrag des Evangelischen Kirchenkreises hat Kreiskantor Alexander Kuhlo mit seinem großen Team, bestehend aus SängerInnen und Darstellern/innen aus dem ganzen Kirchenkreis eine moderne „Rockoper“ mit geistlichem Inhalt im Rahmen besonderer musikalischer Gottesdienste in der Altenkirchener Christuskirche und in der Evangelischen Kirchen Birnbach vor begeisterter Zuhörerschar zum Klingen gebracht: JESUS CHRIST SUPERSTAR.

Musical in Altenkirchen

Gottesdienst in Altenkirchen. Foto: Marit Kuhlo

Das Erfolgsmusical vom britischen Starkomponisten Andrew Lloyd-Webber (* 1948) aus dem Jahr 1971, erzählt in moderner Form, Sprache und Musik die Heilsgeschichte Jesu Christi vom Palmsonntag mit seinen „Hosianna“-Rufen bis zum Tod am Karfreitag und darüber hinaus bis zur Auferstehung, die in dem Titelsong „Jesus Christ Superstar“ enthusiastisch besungen wird.
Mit großem Engagement und Spielfreude am szenischen Darstellen zogen die Ausführenden unter der Regie von Theaterpädagoge Matthias Ludwig (Kirchengemeinde Almersbach) die Gottesdienstbesucher in ihren Bann, musikalisch-stilistisch gekonnt begleitet von der erweiterten Kirchenband der Kirchengemeinde Altenkirchen unter der Leitung von Martin Schmid-Leibrock, der auch die Einstudierung der anspruchsvollen Instrumentalarrangements zu verdanken ist.

Einfühlsame und zu Herzen gehende Solo-Passagen von Maria Magdalena („I don´t know how to love him“), Jesus (in dem Song „Gethsemane“) oder beim Solo des Pilatus („Pilates Dream“) sowie fulminate Chorpassagen zu Beginn bei den doppelbödigen „Hosanna“-Rufen oder bei der Kreuzigungsszene ließen keinen der zahlreichen Besucher seelisch unberührt. Nach dem Abschluss wurde dann mit allen Gottesdienstbesuchern gemeinsam das Titellied nochmal wiederholt und es entstand eine lebendige, vom Geist des Stückes inspirierte Atmosphäre, die einmalig war.

Solche „Gottesdienste“ sollte es häufiger geben, um wieder Menschen für den Glauben an Jesus Christus zu gewinnen, meint Kreiskantor Alexander Kuhlo, der die Gesamtleitung innehatte und sowohl am E-Piano in der Band mitspielte, als auch dirigentisch das Ganze führte und den Chor bei seinen Liedern sangeskräftig unterstützte.
Ein Meilenstein in der Geschichte des Evangelischen Kirchenkreises, was die Darbietung moderner Kirchenmusik mit Laien anbetrifft.

Eine Fortsetzung im nächsten Jahr wird ausdrücklich gewünscht, aber vorher gibt es noch weitere szenische Aufführungen des JCS am 24. Januar in Oberwambach und am 30. Januar  in Flammersfeld.

Kreiskantor Alexander Kuhlo

Musical in Birnbach

Gottesdienst in Birnbach. Foto: Petra Stroh

 

Rückblick Männersonntag

Musik beim Gottesdienst

Viel Musik gab es beim Festgottesdienst zum Männersonntag in der Altenkirchener Christuskirche. Neben dem Auswahlchor des Landesposaunenwerks (Leitung: Landesposaunenwart Jörg Häusler) musizierte Kreiskantor Alexander Kuhlo an der Orgel und Männerstimmen bereicherten die musikalische Vielfalt. Foto: Erhard Waßmuth

Einen ganz besonderen Gottesdienst war im Kirchenkreis zum traditionellen Männersonntag in der bestens gefüllten Christuskirche in Altenkirchen.
Der Einladung des Kreissynodalbeauftragten für die Männerarbeit, Thorsten Bienemann, waren prominente Ehrengäste, Männergruppen und zahlreiche Gemeindemitglieder gefolgt. Freude über den Besuch von dem Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, des Vertreters der Männerarbeit der EKiR, der Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, als offizielle Vertreterin der Landesregierung Rheinland-Pfalz ebenso wie über die zahlreichen GottesdienstbesucherInnen aus der Region auch auch aus anderen Kirchenkreisen und Landeskirchen.

Superintendentin Andrea Aufderheide eröffnete den Gottesdienst, der unter Leitung von EKD-Ratsmitglied, Landesbischof i. R. Dr. Ulrich Fischer stand. 2009 wurde Fischer in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt. Als EKD-Medienbischof ist der Theologe unter anderem Vorsitzender des Aufsichtsrats beim Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP). Der badische Landesbischof hatte zudem von 2003 bis 2013 den Vorsitz der Union Evangelischer Kirchen (UEK) in der EKD inne. 2011 arbeitete Fischer als Vertreter der evangelischen Kirche in der Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ der Bundesregierung mit. Der Auswahlchor „Con Spirito“ des Landesposaunenwerkes unter Leitung von Landesposaunenwart Jörg Häusler begrüßte die Gäste beim Einzug und gestaltete zusammen mit Kreiskantor Alexander Kuhlo und einem 40köpfigen Männerchor den Gottesdienst musikalisch, der in seinen liturgischen Teilen in der Hand von Pfarrer Albert Werner Zeidler lag.

Der Männerbeauftragte des Kirchenkreises, Thorsten Bienemann, überbrachte Grußworte der Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, der Fraktionsvorsitzenden der CDU im Landtag Rheinland-Pfalz und stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU, Julia Klöckner, dem Bischöflichen Generalvikar des Bistums Trier und dem Erzbistum Köln.
In seinem Grußwort wusste er zu berichten, dass in Zeiten zunehmenden Termin- und Leistungsdruckes, der vielen Männern überlange Arbeitszeiten zu Lasten der Familie beschert, die Männerarbeit ein wichtiges Instrument ist, um neue Orientierung zu geben und Glaubensperspektiven zu eröffnen. Im fortwährenden Druck des Arbeitsalltags, dem viele Männer ausgesetzt sind, sei die Frage nach dem, „was wirklich wichtig ist“ immer wieder neu zu stellen.
„Die generationenübergreifende und an vielen Stellen ökumenische Ausrichtung der Männerarbeit im Kirchenkreis Altenkirchen, knüpft an den Lebens- und Arbeitssituationen vieler Männer an und bietet ihnen in den Veranstaltungen heilsame Antworten“, führte Bienemann aus.

Zu den durchgeführten Veranstaltungen gab es denn auch eine Fotoausstellung im angrenzenden Forum, bei der auch die Arbeit der Männerarbeit der EKiR von Jürgen Rams vorgestellt wurde.

Der bundesweite „Männersonntag“  jährt sich in diesem Jahr zum 70. Mal. Das Jahresthema lautete „…auf das Ihr Heil werdet – Männer zwischen Sicherheit und Risiko.“
Es entstand aus den Überlegungen heraus, dass Risiko und Sicherheit wesentliche Faktoren sind, die Männerleben prägen und darin gestaltet sein wollen.

Altbischof Dr. Fischer predigte so denn auch über Phil 2,12f und sagte, „In der Balance zwischen Risiko und Sicherheit gehen und wirken, schaffen und arbeiten wir nicht allein, sondern geführt von dem, der in uns das Wollen und Vollbringen wirkt, von unserem dreieinigen Gott, dessen Friede höher ist als alle Vernunft und der unsere Herzen und Gedanken bewahrt in Jesus Christus.“ Die Predigt in voller Länge gibt es nachstehend.

Prediger Fischer

Landesbischof i. R. Dr. Ulrich Fischer hielt die Predigt im Festgottesdienst. Foto: Erhard Waßmuth

 

Predigt über Phil 2,12f
Gnade sei mit uns und Friede von Gott unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Männersonntags-Gemeinde,
aus meiner Tätigkeit als Landesjugendpfarrer weiß ich, wie in kirchlichen Arbeitsfeldern Jahresthemen entwickelt werden. Da orientiert sich eine Arbeitsgruppe an biblischen Texten, ehe ein Motto gefunden wird, das möglichst öffentlichkeitswirksam Wesentliches über das betreffende Arbeitsfeld aussagt – wie beim Jahresthema der Männerarbeit für das Jahr 2015: „…auf dass ihr heil werdet – Männer zwischen Risiko und Sicherheit“. Dieses Thema macht neugierig, sich auf den Weg zu machen zu dem dahinter liegenden Bibeltext. Und so will ich mich heute Morgen mit Ihnen auf eine Wanderung begeben.
In einem ersten Schritt will ich die biblische Landschaft erkunden, dem dieses Jahresthema entwachsen ist. Im zweiten Schritt will ich mit Ihnen die Lebenswelten von Männern durchschreiten und in einem letzten Schritt schauen, wie Risiko und Sicherheit das politische Leben prägen. Bei all diesen Schritten will ich schauen, wie das mitgenommene Bibelwort Hilfe und Orientierung bietet.
Der erste Schritt führt uns in einen Steinbruch. Denn das Jahresthema wirkt wie ein Stein, der herausgebrochen ist aus seinem biblischen Zusammenhang. Ich lese zwei Verse aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde von Philippi, um zu zeigen, wohin dieser Stein gehört: „Also, meine Lieben, schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen.“ Schon beim ersten Schritt stolpern wir, denn „dass ihr heil werdet“ sagt die Männerarbeit in ihrem Jahresthema, andere übersetzen „arbeitet auf eure Rettung hin“, wieder ein anderer „schaffet eure Seligkeit.“ All diese Übersetzungen haben eines gemeinsam: Sie zeigen an, dass es hier nicht um irgendetwas geht, sondern um das Eigentliche, das Endgültige. Es geht um Heil und Seligkeit, um Rettung in Zeit und Ewigkeit. Oder anders ausgedrückt: Es geht um die letzte Bestimmung des Menschen und der Welt. Und all dies ist verbunden mit dem Tätigkeitswort „schaffen, erarbeiten“. Ganz ungewöhnlich für evangelische Ohren: Paulus fordert die Gemeinde  auf, ihr Heil, das Heil der Welt, die Rettung für alle zu erarbeiten, zu schaffen?
Wir kommen ins Stolpern, denn das haben wir ganz anders gelernt. Das klingt zunächst heroisch, einem falsch verstandenen männlichen Machbarkeitswahn gemäß, aber zutiefst unevangelisch. Aber haben wir die wichtige Einschränkung gehört? „Schafft das Heil mit Furcht und Zittern“ – nicht mit überbordenden Selbstbewusstsein. Nein: „Mit Furcht und Zittern“, also in Ehrfurcht vor Gott, in Demut gegenüber dem, der allein alles bewirken kann. Darum gleich der nächste Satz: „Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen.“ Sogleich kommen wir wieder ins Stolpern. Was gilt denn nun: Der erste oder der zweite Satz? Das menschliche Schaffen oder Gottes Wirken? Ist das Heil Menschenwerk oder Gottes Geschenk?
Hinweggepustet wird jedes falsche Selbstbewusstsein. Ja, schaffen sollen wir unser Heil und das Heil der Welt – aber in Ehrfurcht vor Gott. In einer Haltung der Demut, die um die eigenen Grenzen weiß. Das Heil für uns und alle Welt ist Gottes Werk durch uns. Damit ist jede falsche Selbstsicherheit entlarvt, die gerade männliches Tun so oft prägt. Was wir schaffen, schafft Gott in uns. Das befreit uns vom Übermut zu meinen, wir wären die Urheber unserer Taten. Wir sind vielmehr Begabte und Beschenkte, Begünstigte und Angestiftete, Hingerissene und Begeisterte. Dies zu wissen schützt vor falscher Selbstsicherheit.
Ich gehe noch zurück zu jenen Versen, die wir vorhin als Schriftlesung gehört haben. Dort wird in einem großartigen Hymnus beschrieben, wie Christus sich erniedrigt hat, wie er gehorsam war bis zum Tod am Kreuz. Wie er uns damit einen Maßstab rechter Demut, den Maßstab eines freien Gehorsams geliefert hat. Indem wir uns an ihm ausrichten, gewinnen wir die Energie zu einem Gehorsam in Freiheit, wie es Dietrich Bonhoeffer unübertroffen ausgedrückt hat: „Gehorsam ohne Freiheit ist Sklaverei, Freiheit ohne Gehorsam ist Willkür. Der Gehorsam bindet die Freiheit, die Freiheit adelt den Gehorsam. Der Gehorsam bindet das Geschöpf an den Schöpfer, die Freiheit stellt das Geschöpf in seiner Ebenbildlichkeit dem Schöpfer gegenüber.“ In der Balance zwischen menschlichem Tun und göttlichem Wirken geht es also um einen freien Gehorsam jenseits von Lähmung und Machbarkeitswahn. Wenn wir uns dessen vergewissern, dass unser Schaffen und Tun begründet ist in Gottes Wirksamkeit und ausgerichtet ist an seinem Handeln in Christus, dann leben wir einen Gehorsam, der das Risiko der Selbstüberschätzung ebenso mindern hilft wie er uns vor falscher Sicherheit bewahrt.
Mit stolpernden Schritten haben wir uns aus dem Steinbruch hinausbegeben in die steinige Landschaft biblischer Theologie. Nun gehen wir einen Schritt weiter, hinein in die Lebenswirklichkeit von Männern. Und da stoßen wir auf eine eigenartige Mischung aus sich steigernder Risikobereitschaft und wachsendem Sicherheitsbedürfnis. Risikosportarten faszinieren viele Menschen – vor allem Männer, denn Risiko zu leben war über Jahrhunderte ausschließlich eine Männerdomäne. Und so erproben sich immer mehr beim Extremklettern, Bungee-Jumping und Iron-Man-Triathlon. Riskantes Freizeitverhalten macht Schule: S-Bahn-Surfen und nächtliche Autorennen. Auch in manchen Berufen wächst die Bereitschaft zum  übersteigerten Risiko, wenn wir nur an Investmentbanker denken. Aber auch Handwerker und Unternehmer wissen um die Notwendigkeit, große Risiken eingehen zu müssen, wenn sie mit ihren Betrieben überleben wollen. Ja, wir leben in riskanten Zeiten. 
Und in solchen riskanten Zeiten, in einer solchen Risikogesellschaft wächst der Ruf nach Sicherheit. Vor allem Männer scheuen in der von Leistungsdruck geprägten Arbeitswelt das Risiko, sich verletzlich zu zeigen. Es ist eben riskant, zur eigenen Schwäche zu stehen. Immer noch gilt es als männliche Tugend, sich selbst und anderen zu beweisen, wie leistungsfähig mann ist. Aber wir sehen auch, wie unter dem öffentlichen Bewältigungsdruck Männer zusammenbrechen oder krank werden. Das Risiko der Schwäche wird gescheut, bei aller Risikobereitschaft, die Männer an anderen Orten oft demonstrieren.- Das Sicherheitsbedürfnis unserer Tage tritt in ganz unterschiedlichen Formen zutage. Absicherung für die Krisenfälle des Lebens gehört zum Alltag. Viele Menschen sehnen sich nach der Sicherheit eines familiären Zusammenlebens, wohl wissend wie oft dieses zerbricht. Und mancher Ruf nach Sicherheit erklingt in einer uns befremdenden oder anekelnden Form wie bei den Pegida-Demonstrationen in Dresden.
Die Balance von Risiko und Sicherheit einzuüben ist für Männer eine besondere Herausforderung, da oft gerade sie zu meinen, das Leben im Griff zu haben. Dabei unterliegen nicht wenige schweren Irrtümern. Denn ein Leben nur im Risiko verheißt keine Verlässlichkeit und Stetigkeit. Ein Leben, in dem alles auf Sicherheit gesetzt wird, lässt Hoffnung und Neugier ersterben und lähmt jedes wirksame Handeln. In der Spannung zwischen Risiko und Sicherheit ist oft das Leitbild einer männlichen Leistungsfähigkeit herrschend, die eine grenzenlose Selbstüberschätzung darstellt, als würden Heil und Seligkeit durch eigenes Tun entstehen. Männer müssen immer neu erst noch lernen, dass ihrem Wirken Grenzen gesetzt sind; dass die Gleichung Leistung = Heil nicht taugt für ein menschliches Zusammenleben. Dass es eine trügerische Sicherheit ist, die wir durch unser Handeln meinen herstellen zu können. Ein Mensch, der sich nur auf den Satz des Paulus beruft „schaffet das Heil“, überanstrengt und überhebt sich. Ein Mensch, der sich  nur den zweiten Satz des Paulus zu eigen macht „Gott wirkt in euch das Wollen und Vollbringen“, steht in der Gefahr, gelähmt und tatenlos dem Lauf der Welt zuzuschauen. Ein Mensch, der beide Sätze in ihrer scheinbaren Widersprüchlichkeit zur Maxime seines Handelns macht, kann handeln zum Heil, denn Gott wirkt in ihm. Das Heil, unser eigenes wie das der Welt, hängt nicht von der eigenen Leistung ab, aber ist auch nicht unabhängig von jeder menschlichen Anstrengung. Die Ausrichtung auf das Heil fordert den ganzen Einsatz eines Menschen, der sich dabei zugleich angewiesen weiß auf Gottes Energie, die in ihm wirkt. Dies zu wissen minimiert viele Risiken des Lebens und entlarvt manche Scheinsicherheiten, denen vor allem Männer zu erliegen drohen.
Ich gehe einen letzten Schritt, verlasse die Landschaft des männlichen Lebensraumes und erklimme die Höhen der Politik. In der Spannung von Risiko und Sicherheit entdecke ich da eine Frau an der Spitze unseres Landes, die in den letzten Jahren zwei höchst riskante Entscheidungen getroffen hat: Den Ausstieg aus der Atomenergie und den Einstieg in eine menschenachtende Flüchtlingspolitik. Wir alle wissen noch nicht, wie unsere Gesellschaft diese beiden Weichenstellungen wird gestalten können. Ich bin aber davon überzeugt, dass beide Risiken eingegangen werden mussten, um ein friedliches und menschenwürdiges Zusammenleben in unserer Welt, in Gottes guter Schöpfung zu ermöglichen.
Natürlich schaffen die politisch Verantwortlichen mit ihren Entscheidungen nicht das Heil der Welt. Natürlich geschieht ihr politisches Tun in menschlicher Eigenverantwortung. Natürlich müssen sie handeln, als gäbe es keinen Gott. Zugleich aber müssen sie – und wir mit ihnen – so glauben, als nütze unser Handeln nichts und käme alles auf Gottes Wirken an. Der Satz „wir schaffen das „ kann ein gottloser Satz sein – gespeist aus einer völligen Selbstüberschätzung. Der Satz „wir schaffen das“ kann aber auch ein guter und frommer Satz sein, gesprochen in einer Demut, die darum weiß, dass Gott es ist, der das Vollbringen in uns wirkt. Wir dürfen glauben, dass in solchem riskanten politischen Handeln Gott selbst Heilvolles für diese Welt bewirkt. Niemand weiß, ob wir die Energiewende werden beherrschen können. Niemand weiß, ob wir zu einem friedlichen Miteinander mit vielen hunderttausend Flüchtlingen kommen werden. Sicherheit gibt es in diesen Fragen nicht, sondern ein hohes Risiko. Aber wir dürfen daran glauben, dass in solchem Tun zur Bewahrung der Schöpfung und in jedem Handeln für Menschen in Not Gottes Heilswillen für diese Welt durch die politisch Verantwortlichen wirklich wird. Nicht nur für die Männer also, sondern für alle, die in der Balance von Risiko und Sicherheit politisch handeln, für alle auch, die in diesen Wochen schier Übermenschliches in der Hilfe für Flüchtlinge leisten, für sie alle glauben wir: Ihre guten Hände werden von guten Mächten geführt.
Liebe Gemeinde, so sind wir aus dem Steinbruch über die Landschaften männlicher Lebenswelt auf die Höhen der Politik gestiegen. Und bei jedem dieser Schritte haben wir entdeckt: In der Balance zwischen Risiko und Sicherheit gehen und wirken, schaffen und arbeiten wir nicht allein, sondern geführt von dem, der in uns das Wollen und Vollbringen wirkt, von unserem dreieinigen Gott, dessen Friede höher ist als alle Vernunft und der unsere Herzen und Gedanken bewahrt in Jesus Christus. Amen.

Rückblick Mirjamsonntag:

Gedanken zur Weisheit wurden verwoben

Kreisweiter Mirjamgottesdienst in Wissen mit „Bibliolog“

Mirjamsonntag 2015 1

In einem Bibliolog dachten sich die GottesdienbstbesucherInnen in den biblischen Text (Sprüche 8,22-36) hinein. Ihre Gedanken daraus wurden dann gemeinsam „verwoben“.

Der kreisweite Gottesdienst zum Mirjamgottesdienst – vorbereitet vom synodalen Arbeitskreis für Frauenfragen – wurde in diesem Jahr im Kirchenkreis Altenkirchen in Wissen gefeiert. 
Der Mirjamsonntag ist fest im Liturgischen Kalender verankert. Dabei soll unter dem Motto „Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche“ ein Gottesdienst für die ganze Gemeinde gefeiert werden und die Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern in Kirche und Gesellschaft thematisiert werden.

Webrahmen Mirjamsonntag

Ein neuer Weisheitstext entstand im Gottesdienst.

In diesem Jahr stand der Mirjamsonntag unter  „Weisheit ins Leben weben“ und stellte die Gestalt der Sophia, der personifizierten Weisheit, in den Mittelpunkt und verknüpfte den biblischen Text Sprüche 8,22-36 mit den Fragen nach dem guten Leben.
Die Weisheit, die im Buch der Sprüche als Person auftritt, wurde in diesem Gottesdienst, den die Mitglieder des Arbeitskreises gemeinsam mit Pfarrerin Kirsten Galla ausgestalteten, für die BesucherInnen durch einen Biblolog auf besondere Weise lebendig.
In einem Bibliolog werden die Teilnehmer gebeten, sich in Personen eines biblischen Textes hineinzudenken und als diese Personen Fragen zu beantworten. So kommen biblische Gestalten auf vielfältige Weise zu Wort und eröffnen ganz neue Sichtweisen auf vertraute Texte. Vielfältige, oft ganz überraschende Gedanken dazu, wer und was die Weisheit ist, und wie sie im Leben der Menschen wirkt, wurden so ausgesprochen.
Im Anschluss waren die Gottesdienst-BesucherInnen eingeladen, einen Gedanken, der ihnen besonders wichtig war, auf einem Papierstreifen festzuhalten. Diese Papierstreifen wurden in einem Webrahmen eingewoben und es entstand dabei in der Wissener Kirche ein neuer gemeinsamer Weisheitstext.

Team Mirjamsonntag 2015

Mitglieder des synodalen Arbeitskreises für Frauenfragen hatten den Gottesdienst in der Wissener Kirche vorbereitet und gestalteten ihn aus (v.l.): Doris Enders, Brigitte Busch, Hildburg Thomas und Pfarrerin Kirsten Galla. Fotos: Kirchenkreis.