Auschwitz Gedenkgottesdienst Flammersfeld 2016

Besondere Gottesdienste

in unserem Kirchenkreis

 

Gedenken:

 

Vor der Gdenktafel in Flammersfeld

An der Gedenktafel für die jüdische Familie Moses auf dem Kirchenglände versammelten sich nach dem Gedenkgottesdienst (v.l.) Timo Schneider/Geschäftsführer Diakonisches Werk Altenkirchen, Gemeindepfarrerin Silvia Schaake, Kirchmeisterin Beate Diels, Pfarrer Thomas Rössler-Schaake und Schulleiterin Jutta Flammersfeld. Fotos. Petra Stroh

 

Gottesdienst zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz

 

„Der Apostel Paulus sagt: Ich schäme mich des Evangeliums nicht. Auch der Apostel wusste vom Leid der Menschen. Er wusste von himmelschreiender Ungerechtigkeit. Und er sagte: Dennoch: Auch wenn die Welt voller Leid ist. Ich will daran festhalten, dass Gott ‚JA’ zu uns Menschen sagt, dass eine Liebe eines Tages stärker sein wird als alle Gewalt, als aller Hass – auch stärker als Auschwitz. Aus dieser Kraft heraus können wir auch nach Auschwitz leben.
Wir brauchen nicht zu verzweifeln und können Antworten auf die Frage suchen:
Was ist heute zu tun, dass Vergleichbares sich nie wieder ereignet?

 

Was ist heute zu tun, dass Vergleichbares sich nie wieder ereignet?

Im kreiskirchlichen Gedenkgottesdienst in der Flammersfelder Kirche ging es in diesem Jahr in Andacht (Pfarrerin Silvia Schaake/Pfarrer Thomas Rössler-Schaake) und den Beiträgen (s.u.)  verstärkt um die Frage, worin heute angesichts des neuen Rechtsextremismus – nicht nur am Rande der Gesellschaft – unsere Verantwortung liegt.
Der Gottesdienst war darauf angelegt Mut und Kraft zu geben zu widersprechen, wenn heute Menschen wegen ihrer Herkunft ausgegrenzt werden und ihnen das Lebensrecht entzogen wird.

Was ist heute zu tun, dass Vergleichbares sich nie wieder ereignet?

Pfarrer Thomas Rössler-Schaake nannte dazu:
Im jedem einzelnen Menschen den Menschen zu sehen. Ob evangelisch oder katholisch, ob arm oder reich, ob Christ oder Moslem, ob Einheimischer oder Flüchtling aus der DDR, Aussiedler aus Russland oder Schutzbedürftiger aus Syrien: „Jeder von uns hat eine einmalige Biografie. In allen Bevölkerungsgruppen gibt es anständige Menschen und unanständige. Es gibt nicht die ‚Flüchtlingsfrage’ so wie es damals nicht die ‚Judenfrage’ gab!
Es gibt wohl die soziale Frage, wie wir als Gesellschaft allen hier lebenden Menschen ein menschenwürdiges Leben zugestehen. Und das ist die heutige Herausforderung!“

Wachsam sein gegenüber allen Formen von Ausgrenzung

„Als Diakonisches Werk treten wir ein für einen respektvolles und solidarisches Miteinander, das von christlicher Nächstenliebe gegenüber anderen Menschen geprägt ist!“ Timo Schneider, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes im Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen, unterstrich in seinem Grußwort an die GottesdienstbesucherInnen, dass die Diakonie sehr wachsam gegenüber allen Formen von Ausgrenzung, Menschenfeindlichkeit und Verachtung sei, sowohl in der Politik als auch im alltäglichen Miteinander.
Schneider zeigte sich froh, dass der Gedenktag an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz und das unermessliche Leid das Menschen während der Nazi-Zeit angetan wurde, auch dazu genutzt wurde die augenblickliche Situation im Land widerzuspiegeln.
Er erinnerte an Protestzüge gegen Menschen, die einer bestimmten Religionsgruppe zugehören, Gewalt gegen Menschen, die eine andere Religion haben, Brandstiftung an Häusern in denen Menschen leben, die andere kulturelle Wurzeln habe, „Das sind Situationen, die wir aus der Vergangenheit kennen, aber auch seit kurzem wieder erleben!“
„Das Problem fängt aber schon viel früher an; im Alltag bei scheinbaren Kleinigkeiten, zum Beispiel einem schnell dahingesagten, rassistischen Spruch über Zugewanderte und Flüchtlingen oder über Menschen mit Behinderungen“
Menschenfeindliches Verhalten nehmen wir leider an vielen Orten und bei vielen Gelegenheiten wahr!“
„Was sich hier noch im ‚vorpolitischen Raum’ abspielt, steht im Zentrum der Ideologie rechtsextremer Organisationen. Das Erschreckende ist, dass immer mehr Menschen sich diesen Sprüchen, dieser Ideologie, aus unterschiedlichen Gründen annehmen. Wir erleben das an vielen Orten, leider auch immer mehr bei uns im Landkreis Altenkirchen!“

Gedenken mahnt zu verantwortungsvollem Handeln heute

Manfred Mauer, Beigeordneter der Verbandsgemeinde Flammersfeld (in Vertretung von Bürgermeister Ottmar Fuchs), hofft angesichts der Grausamkeiten während des NS-Regimes „Wir konnte es damals so weit kommen?“ dass das gemeinsame Gedenken heute zu gemeinsamen verantwortungsvollen Handeln führt, damit  solche Gräuel-Taten für immer der Vergangenheit angehören.
Jutta Flammersfeld, Leiterin der Grundschule in Flammersfeld, hob die pädagogische Aufgabe des Erinnerns hervor.  „Demokratie und Menschenrechte sind immer verletzlich und  wir sind gefordert diese zu schützen!“ Lehrer und Lehrerinnen müssten weiterhin aufmerksam agieren.
„Junge Menschen müssen zur Achtsamkeit erzogen werden, Geschichtsunterricht ist wichtiger denn je“, mahnte die Schulleiterin, die sich geschockt zeigte angesichts „rechter Parolen“  und dem, was in den sozialen Netzwerken ‚umherwirbelt“.

Gedenktafel in Flammersfeld
Erinnert wurde im Gottesdienst – der seit 2002 in Flammersfeld zur Erinnerungskultur gehört und gemeinsam mit VertreterInnen von Kommunen und Einrichtungen gestaltet und von vielen Menschen auch aus dem weiteren Umfeld besucht wird – an die jüdische Flammersfelder Familie Moses. Albert und Grete Moses lebten gemeinsam mit ihrem Sohn Artur in der Gemeinde, ihr Haus wurde in der Pogromnacht 1938 zerstört. Im Ghetto in Minsk wurden die Eltern Moses ermordet, Sohn Artur überlebte das Konzentrationslager Auschwitz. Eine Gedenktafel auf dem Gelände der Kirchengemeinde erinnert bleibend an das Schicksal der Familie.

Musikalisch erklangen im Laufe des Gedenkgottesdienstes ausgewählte Orgelwerke (Kreiskantor Alexander Kuhlo) u.a. von Louis Lewandowski, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Samuel Barber.
Berührend auch die Vertonung des 23. Psalms („Der Herr ist mein Hirte“) in hebräischer Sprache aus dem „Chicester Psalms“ von Leonard Bernstein mit Marit Kuhlo (Sopran).

„Wir müssen erinnern, dass nicht vergessen wird“, unterstrich das Pfarrerehepaar Rössler-Schaake, das für sein langjähriges Engagement des Erinnerns viel Lob und Zuspruch erhielt.

Die Kollekte des Gedenkgottesdienstes fließt in die Erinnerungsarbeit und kommt der Aktion „Friedensdienste Sühnezeichen“ zugute. PES