Altes Gemäuer prallgefüllt mit Leben

Alte Gemäuer bergen Schätze und Erinnerungen, verbinden Generationen, machen ihren Besitzern vermehrt Sorgen, verschlingen Geldmittel… Aber: alles Negative tritt abrupt in den Hintergrund, wenn das alte Gemäuer vor Lebendigkeit nur so strotzt! So geschehen beim 150. Geburtstag der Oberwambacher Kirche, der am Reformationstag gefeiert wurde. Angesichts eines quicklebendigen, fröhlichen Gottesdienstes und einer warmherzigen, üppigen Feier in bunter Gemeinschaft gab es nur noch den Raum für positive Gedanken: Auf in die nächsten 150 Jahre!

Frisch herausgeputzt – erst jüngst gab es eine Außenrenovierung, die Innenarbeiten an dem alten Gotteshaus stehen im kommenden Jahr an – lud die Oberwambacher Kirche ihre Gäste aus Nah und Fern zu ihrem Geburtstag ein. MEHR

Viele nahmen (coronakonform) die Einladung an und füllten die Reihen. Gemeindepfarrer Joachim Triebel-Kulpe freute sich über das rege Interesse von Gemeinde, kirchlichen, ökumenischen und politischen Akteuren, die das gute Miteinander auf zahlreichen Ebenen dokumentierten, aber auch über all die Vielen, die sichtbar oder im Hintergrund den Festtag möglich machten. (Weitere Bilder zu Gottesdienst/Nachfeier siehe unten!)

Wie vor 150 Jahren bei der Einweihung kam auch die „Kirchen-Prominenz“ zum Fest. War es im Oktober 1871 der damalige General-Superintendent der Rheinprovinz, Heinrich Eberts, so freuten sich diesmal alle, dass der im Januar neugewählte Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Dr. Thorsten Latzel, am Festtag als Festprediger mitwirkte.

Beeindruckende Vielfalt

Dass der leitende Geistliche der Rheinischen Kirche mehr als beeindruckt von dem war, was er bei diesem Geburtstagsfest an gemeindlicher Vielfalt und Lebendigkeit erlebte, machte er mehrfach überdeutlich und ließ sich gerne von aller Spontaneität und Schwung mitreißen. „Sie feiern nicht nur ein 150 Jahre altes Gebäude, sondern das spürbare Leben! Das Leben in ihrer zwar zahlenmäßig kleinen Gemeinde, aber dennoch in einer prallen Fülle“, unterstrich er voller Begeisterung.

Diese Freude am prallen Leben – so der Ratschlag des Präses in seinem Grußwort auf dem Empfang, bevor er zu überregionalen Reformationsfeierlichkeiten weiterreisen musste – sollten die Menschen in der Kirchengemeinde auch im Alltag vergegenwärtigen: „Ich wünsche Ihnen bei den täglichen Entscheidungen auch immer die Weisheit, alles Tun im Wiederschein solcher rückblickenden Jubiläen zu betrachten: hat sich manche Klein-Klein-Denke oder Streiterei wirklich gelohnt?“

Frohgemut in der Hoffnung bleiben

„Beiing old is not a crime!“  Angelehnt an das Motto der Herdorfer Feierlichkeiten vor zehn Jahren zu deren Kirchenjubiläum erinnerte Superintendentin Andrea Aufderheide (Foto) in ihrem Grußwort an die Kostbarkeit eines solchen Jubiläumsfestes. “Ihr Fest ist mehr als die bloße Würdigung eines errichteten Kirchengebäudes. Sie erinnern zugleich an die geistlichen Mütter und Väter der Kirchengemeinde Almersbach, deren lebendiger Glaube zum Werden und Wachsen dieser Gemeinde geführt hat. Diese Menschen haben sich von Gott „herausrufen“ lassen – das bedeutet das Wort „ekklesia“, zu deutsch: „Kirche“.

Bleiben Sie daher – wie schon Ihre Gründerväter und Gründermütter, die die Oberwambacher Kirche erbauten – frohgemut in der Hoffnung, dass Gott Wege, die Sie jetzt noch nicht kennen, für Sie in die Zukunft bereithält und dass Gott diese Wege auch mitgeht!“

Die Superintendentin hatte eine Altarkerze als Geschenk mitgebracht, deren Glanz auch weiterhin an die Geburtstagsfeier erinnern möge, die auch sie sehr beeindruckt hatte, und die stetig die Zuversicht ausstrahlen möge „Herr, Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege!“

Der Historie und den Baugeschichten der Oberwambacher Kirche widmete sich Baukirchmeister Oswald Schüler in einem kleinen Festvortrag bei der Feierstunde. Im Gottesdienst (Bild) hatte es Presbyter Matthias Ludwig als Bauarbeiter „Anno 1871“ menschen- und himmelnah aufgegriffen.

„Ein Glaube, der nicht in Liebe tätig ist, ist tot!“

„Es gibt keinen Glauben ohne die liebende Hinwendung zum Mitmenschen.“ Diese Überzeugung stand für Präses Dr. Thorsten Latzel bei seiner Festtagspredigt am Reformationstag im Zentrum der Antwort auf die Frage, was es bedeutet, in evangelischer Freiheit an Gott zu glauben. „Ein Glaube, der nicht in Liebe tätig ist, ist tot. Weil er nicht mein Leben bestimmt. Aber die Verbindung gilt auch andersherum: Eine Liebe, die nicht im Glauben verwurzelt ist, wird haltlos. Weil sie ihre geistliche Wurzel, ihre Kraftquelle, ihre Hoffnung verliert.“

In vier Fragebereichen (bibelorientiert/ethisch-politisch/kulturell-protestantisch und mythisch-spirituell) griff er auf, was es im evangelischen Sinne bedeute, Christ zu sein. Auf alle diese Fragestellungen konnte er Antworten geben, doch letztlich bleibe für ihn immer die große Frage: Was heißt es für jeden ganz persönlich, als Christ in evangelischer Freiheit an Gott zu glauben? Sie gelte es, immer neu zu beantworten.

Dies vor allem auch in einer Zeit, die viele Menschen als schwierig und belastend erleben. „Corona, Klimawandel, Flüchtlingsnöte, soziale Unsicherheit, eine Gesellschaft, die sich immer schneller verändert und wo viele das Gefühl haben, nicht mehr mitzukommen?“

„Die Art, wie ich mein Christsein verstehe, ist immer im Fluss, hat sich in den Jahren immer wieder verändert. Das ist notwendig, weil Glaube und Liebe nie etwas Statisches sind“, ließ Präses Latzel die Festgemeinde wissen.

Für ihn sei entscheidend, „in Liebe tätig zu sein, auch wenn alles andere dagegen spreche. Und darauf zu vertrauen, dass Gott es zu einem guten Ende führen wird, auch wenn ich nicht weiß, wie es geschieht, und Gott oft nicht einmal spüre“.

„Das heißt für mich, in evangelischer Weise Christ zu sein. Und das macht frei, anders zu leben: mutig, trotzig, widerständig, liebevoll!“

Eingebettet waren die protestantisch-freien Worte des leitenden Geistlichen in die unterschiedlichsten Zeugnisse lebendigen christlichen Seins der Oberwambacher Christenmenschen:

die Darstellung audio-visueller Gemeindevielfalt; das fröhliche, urkindlich gesungene und getanzte Gottvertrauen des Spatzenchores; die sich versichernde Liturgie; die herzerwärmenden klassischen Kirchenmusikelemente; die Spielfreude der Blechbläser und den mitreißenden Sound von Kirchenband und Projektchor.  PES.

Gottesdienst ist im Netz zu sehen

Auf der Homepage der Kirchengemeinde Almersbach   HIER kann der Gottesdienst für alle Interessierte angeschaut werden!

Weiterer Festgottesdienst in Bonn folgte

Von den Feierlichkeiten in Oberwambach aus reiste der rheinische Präses direkt nach Bonn um bei der der zentralen Bonner Reformationsfeier in der Kreuzkirche am Kaiserplatz zu predigen.  Auf dem Youtube-Kanal des Kirchenkreises Bonn wurde die Reformationsfeier live gestreamt.

Schon vor 150 Jahren kam kirchliche Prominenz nach Oberwambach

Die Besucherdichte der leitenden Geistlichen in der Kirchengemeinde Almersbach nimmt stetig zu. Gemeindepfarrer Joachim Triebel-Kulpe freut sich, dass der im Januar neugewählte Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) Dr. Thorsten Latzel, schon sehr frühzeitig zusagte beim Jubiläum der Oberwambacher Kirche als Festprediger mitzuwirken.

Mit seinem jetzigen Besuch in Oberwambach ist Präses Latzel der vierte geistliche Ehrengast in den vergangenen 150 Jahre. Zur Einweihung der Oberwambacher Kirche am 25. Oktober 1871 kam der damalige General-Superintendent der Rheinprovinz Heinrich Eberts in den Westerwald.
45 Jahre später, im Mai 1916, kam zur Wiederindienststellung der renovierten Almersbacher Kirche General-Superintendent Karl Klingemann (so wurden die leitenden Geistlichen in der Rheinischen Kirchenprovinz der Ev. Landeskirche in Preußen genannt).

Nun dauerte es allerdings 90 Jahre bis erneut ein „Kirchenoberer“ in die Gemeinde kam. 2006 – also vor 15 Jahren – war es der damalig Präses Nikolaus Schneider. Er kam als Prediger und Ehrengast bei der Wiederindienstnahme der Almersbacher Kirche nach deren großer Renovierungsaktion.

Alle freuen sich nun über den ersten Besuch des neugewählten Präses im Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen. Angesichts der Corona-Lage konnte Dr. Latzel „Antrittsbesuche“ in den 37 Kirchenkreisen seiner Landeskirche bislang nicht absolvieren.

In jedem Fall wird er im kommenden Jahr erneut in den Kirchenkreis Altenkirchen reisen. Im September steht eine offizielle Kirchenleitungs-Visite an. Dann werden sich die Mitglieder der Kirchenleitung in verschiedenen hiesigen Gemeinden und Einrichtungen umschauen und sich ein Bild der kirchlichen Aktivitäten und Herausforderungen vor Ort machen.

 Stichwort: Reformationstag

 Ob Martin Luther am 31. Oktober 1517 tatsächlich eigenhändig seine 95 Thesen zum Ablasswesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche hängte, weiß niemand. Unbestritten ist aber, dass mit der Veröffentlichung der Thesen eine Erneuerungsbewegung der Kirche begann. Und diese Reformation wurde grundlegend von Martin Luther (1483-1546) geprägt und bestimmt. Daran erinnert jährlich der Reformationstag am 31. Oktober.

Texte: Petra Stroh/KK AK und EKir.de

Alle Fotos: Petra Stroh/KK AK

  Der Festtag in Bildern:

 Einen fröhlich-feierlichen Festtag mit Gottesdienst und Feierstunde gestalteten die Aktiven der Kirchengemeinde Almersbacher zum 150. Geburtstag ihrer Oberwambacher Kirche am Reformationstag. Einen umfassenden Einblick in ihre zahlenmäßig kleine, aber sehr lebendige Gemeinde gaben sie ihren Gästen aus Nah und Fern. Freude herrschte, dass auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Dr. Thorsten Latzel (Bildmitte), beim Festtag diese Westerwälder Lebendigkeit spüren konnte. Er hielt die Festpredigt an dem protestantischen Feiertag. Mit auf dem Bild auf der Kirchentreppe: Gemeindepfarrer Joachim Triebel-Kulpe, Pfarrerin Barbara Kulpe, Superintendentin Andrea Aufderheide, Mitglieder des Presbyteriums der Kirchengemeinde Almersbach und einige Mitwirkende des Gottesdienstes

Durfte natürlich bei einem Festtag am Reformationstag in Oberwambach nicht fehlen: Die Großfigur des Martin Luther, die seit dem Reformationsjubiläum in 2017 im Kirchenkreis unterwegs ist.

Der Spatzenchor mit seinem Charme, Gesang und Tanz begeisterte die Festtagsgemeinde besonders. Die Allerkleinsten aus der Gemeinde motivierten zum Mitmachen und Leiterin Brigitta Ludwig brachte Spatzen und Honoratioren gleichermaßen in Schwung.

Auch der Projektchor und die Power-Station-Band – Leitung ebenfalls Jugendleiterin Brigitta Ludwig – brachte viel Schwung in den Festgottesdienst. Sie zeigten auf, dass gelebter Glauben frisch und mitreißend wirkt.

Es gibt kein Entweder-Oder: Das Gesangsquartett (Leitung: Klaus-Erich Hilgeroth/rechts, der auch als Organist im Gottesdienst mitwirkte) machte deutlich, dass es auch die altbekannten Töne braucht und die Vielfalt der Kirchenmusik als „Herzenswärmer“ die protestantische Wortgewalt unbedingt ergänzen muss…

… ebenso wie der feierliche Klang der Blechbläser. Die (diesmal ergänzte) Bläserfamilie Kowalski, die viele kirchliche Angebote der Kirchengemeinde Almersbach bereichert, zeigte auch diesmal auf, dass „goldene Blech-Töne“ ebenso feierlich wie mitreißend sein können. Und auch, dass man das „Gemeinde-Schiff“ auch ruhig mal in die Karibik entführen sollte!

Viele Menschen aus der Gemeinde und dem Umfeld engagierten sich sichtbar oder im Hintergrund für den besonderen Festtag. Sie bereiten vor, gestalteten Gottesdienst und Nachfeier, wirkten bei der historischen Aufarbeitung des Jubiläums mit, bewirten freundlich ihre Gäste oder sorgten ( wie hier auch sehr künstlerisch) für das Wohl aller. Ein herzliches Dankeschön von Pfarrer Joachim Triebel-Kulpe gab es für die vielen Engagierten sowohl im Gottesdienst wie auch bei der Nachfeier. Der Gemeindepfarrer ist froh über die Unzähligen, die viel Mut machen für „weitere 150 Jahre lebendige Gemeinde!“

Einer der „breiten Schultern“ des regen Gemeindelebens ist Baukirchmeister Oswald Schüler (links). Sein Einsatz (u.a.) für den Gebäudebestand der „steinreichen“ Gemeinde ist unbezahlbar. Der engagierte Presbyter gab beim Festakt Einblicke in das rege Wirken auch der Baukirch-Meister-Generationen der Vergangenheit.

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld, Fred Jüngerich (links) hatte wie die meisten der Festgäste aus Kirche, Ökumene, Kommune oder Vereinswelt, neben vielen Glückwünschen auch seine persönlichen Verbindungen zur Kirchengemeinde Almersbach und der Oberwambacher Kirche mitgebracht.

Da Präses Latzel die Oberwambacher „Senioren-Geburtstagsfeier“ mit so viel jungem Charme wirklich überwältigt hatte, griff er zu einer spontanen Einladung zu seinem 150. Geburtstag. Es dauere zwar noch 99 Jahre, unterstrich er schmunzelnd, aber so reizende Gäste wie die „Spatzen“ hätte er offensichtlich auch gerne dabei…
Im Gespräch mit Pfarrer Joachim Kulpe und Pfarrerin Barbara Kulpe machte er mehrfach deutlich wie wohl er sich in der kleinen Westerwald-Gemeinde bei seinem ersten Besuch im Kirchenkreis Altenkirchen fühlte.  Damit er dieses „Wohlfühlen“ auch noch nachklingen lassen kann, gab es für ihn Leckeres aus dem Pfarrgarten mit auf den Heimweg ins Rheinland.