77. rheinische Landessynode beendet
„In den vergangenen Tagen konnte man eine unwahrscheinliche Aufbruchstimmung spüren“, sagte Präses Dr. Thorsten Latzel bei der abschließenden Pressekonferenz zur 77. Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland. Es gehe darum, Kirche unter veränderten Bedingungen neu zu gestalten, um auch künftig für die Menschen da sein zu können, um „Hoffnung zu geben, von unserem Glauben zu sprechen und uns sozial zu engagieren“. Die Landessynode habe auch beschlossen, wie dieser Prozess weitergehen soll: „Da sind viele Ideen im Raum. Zum Beispiel, wie man in Presbyterien anders und gut leiten kann, wie wir künftig mit unseren Finanzen umgehen, wie wir Nachwuchs gewinnen und Diversität steigern.“
Im Zentrum der Beratungen stand zwar die Zukunft der Kirche. Aber „mehr Sorge als unsere Kirche macht uns derzeit unsere Gesellschaft“, so Latzel. „Wir erleben im Augenblick ein Land, das in Aufruhr ist.“ Die Synode hatte entsprechend auch eine Vielzahl an gesellschaftspolitischen Themen auf der Tagesordnung: Antisemitismus, AfD, die Situation Geflüchteter an den EU-Außengrenzen, Kirchenasyl, und Kindergrundsicherung. „Unsere rheinische Synode zeichnet aus, dass sie fromm und politisch zugleich ist. Dass sie den Glauben an Gott und das gesellschaftliche Engagement immer zusammenhält“, sagte der Präses.
Statements der Altenkirchener Abgebordneten
Für den theologischen Abgeordneten Pfarrer Marcus Tesch aus Wissen stellte sich die Frage, „wie es mit meiner Kirche generell und mit meiner Arbeit in meiner Gemeinde vor Ort weitergehen soll.“ Er habe sehr viel aus den Gesprächen mit Menschen aus anderen Kirchenkreisen gewonnen. „Außerdem nehme ich mit, dass wir in Zukunft noch intensiver als bisher über unseren Kirchenkreis hinaus zusammenarbeiten müssen.“
Petra Stroh, nicht-theologische Abgebordnete aus Birnbach, tat es gut, in einer so großen Gemeinschaft mit Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen unserer Landeskirche – mit ihren verschiedenen Vor-Ort-Herausforderungen und Prägungen – am Thema ‚Zukunft der Kirche‘ zu arbeiten, neue Perspektiven für den Kirchenkreis und die Gemeinden zu entwickeln und vertraute Wege zu hinterfragen. „Ich war stolz auf ‚meine Kirche‘, dass sie beharrlich mit den Grundwerten von ‚Christenmenschen in der Welt‘ auf viele aktuelle Herausforderungen reagierte und deutliche Statements gegen Hass und Demokratiefeinde setzte! Wie sie beständig auf Fluchtursachen und den Umgang mit flüchtenden Menschen schaute; wie sie Menschen in ihren vielfältigen Nöten – etwa im sozialen Bereich – oder die Ergebnisse der Kirchenmitgliedschafts-Studie wahrnahm und Erkenntnisse in ihre künftige Arbeit einband.
Beeindruckt hat mich, wie intensiv und transparent sich nun unsere Landeskirche der Aufklärung und Prävention von sexueller Gewalt stellt. Viel zu lange mussten Menschen auch in unserer Kirche darauf warten!“
Für den ebenfalls aus Birnbach stammenden nicht-theologischen Abgebordneten Frank Schumann wurde angesichts der Bestandsaufnahme der Synode deutlich, was Kirche nun endlich vor allem mit Blick auf das Evangelium leisten müsse: „Sie muss ehrlich und offen sein und nicht beschönigend und verharrend. Sie muss auf Menschen zugehen und Menschen in ihren Gremien auch etwas zutrauen. Sie muss und kann nur noch vielfältig existieren. Die Beschlüsse der Landessynode spiegeln diese Offenheit, diese Vielfältigkeit und dieses Vertrauen wider. Das macht Hoffnung auf eine lebendige, neue, partizipative und formenreiche Kirche. Die Klarheit und theologische Tiefe der Verlautbarungen gegen Antisemitismus und rechte Lügenpolitik waren klare prophetische Worte.“
Nur noch 700 Pfarrstellen im Jahr 2040
Die rheinische Kirche geht davon aus, im Jahr 2040 nur noch 700 Pfarrstellen zu haben. Auf diese Zielzahl hat sich die Landessynode verständigt. Der Landessynode 2026 soll ein Vorschlag vorliegen, wie diese Pfarrstellen dann verteilt werden. Vor neun Jahren hatte die Synode erstmals eine Zielzahl festgelegt, damals für das Jahr 2030. Dann sollen im Rheinland noch 1000 Vollzeitpfarrstellen vorgehalten werden. Allerdings wird die neue Zielzahl „atmen“ können: Am Pfarrdienst interessierten Menschen soll offensiv vermittelt werden, dass Bewerbungen auch über die Zahl 700 hinaus willkommen sind. Aber schon um die beschlossene Zielzahl zu erreichen, sind pro Jahr 25 Neuzugänge erforderlich. Die Kirche setze weiter auf „fröhliche, theologisch gut qualifizierte Mitarbeitende“, sagte Vizepräses Christoph Pistorius bei der Pressekonferenz.
Vizepräses Christoph Pistorius stellt sich 2025 nicht mehr zur Wahl
Pistorius erklärte am Ende der letzten Plenarsitzung, dass er im kommenden Jahr nicht wieder zur Wahl steht. Im März 2013 war er ins Landeskirchenamt an die Spitze der Personalabteilung gewechselt und von der Landessynode 2014 zum Vizepräses gewählt worden. Zuvor war er Superintendent des Kirchenkreises Trier. Mit seiner Erklärung wolle er „den Raum eröffnen, möglichst kreativ nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger zu suchen“. Die Synodalen dankten Pistorius mit minutenlangem stehenden Applaus.
Heike Schneidereit-Mauth in die Kirchenleitung gewählt
Pfarrerin Heike Schneidereit-Mauth (Mettmann) ist neues Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die Landessynode wählte die 59-jährige Skriba im Kirchenkreis Düsseldorf, Leiterin des dortigen Handlungsfelds Seelsorge, für den Rest der laufenden Wahlperiode bis 2025 zum nebenamtlichen Kirchenleitungsmitglied. Schneidereit-Mauth war neben Pfarrerin Simone Drensler (Xanten) eine von zwei Kandidatinnen für die Nachfolge von Christiane Münker-Lütkehans (58), die zum 1. März 2024 als Dompredigerin nach Berlin wechselt. Auf Schneidereit-Mauth entfielen 119 Stimmen und auf Drensler 40 Stimmen bei 17 Enthaltungen. Auf die Frage, wie sie sich die Kirche der Zukunft vorstelle, hatte Schneidereit-Mauth bei ihrer Vorstellung geantwortet: „Jung, lebendig und agil.“
Kirchensteuern: Kipp-Punkt erreicht
Die rheinische Kirche steht am Anfang eines deutlichen Rückgangs an Kirchensteuereinnahmen. Steigende Gehälter sowie erhöhte Bau- und Verbraucherpreise kommen erschwerend hinzu. Nach Jahren steigender Einnahmen trotz wachsender Austrittszahlen wurde 2023 der Kipp-Punkt erreicht. So sind die Kirchensteuereinnahmen im Vorjahr um sieben Prozent auf 707 Millionen Euro gesunken – das entspricht einem Minus von rund 54 Millionen Euro. Prognostiziert wird für das Jahr 2024 ein Gesamtkirchensteueraufkommen in Höhe von rund 693 Millionen Euro – ein Rückgang um weitere zwei Prozent gegenüber 2023.
Stichwort: Landessynode
Die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland ist das oberste Leitungsgremium der mit knapp 2,2 Millionen Mitgliedern zweitgrößten Landeskirche in Deutschland. Die Synode hat derzeit 198 stimmberechtigte Mitglieder (sowohl Theologinnen und Theologen als auch Nichttheologinnen und -theologen) aus den 37 Kirchenkreisen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und im Saarland. Die 78. ordentliche Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland findet an einem anderen Ort und zu einem anderen Zeitpunkt statt. 2025 und 2026 wird das Maritim in Bonn neuer Tagungsort sein. Und geplant ist die Tagung 2025 vom 2. bis 7. Februar.
Text: ekir.de und Kirchenkreis Altenkirchen